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Vom Recht, das mit uns geboren

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HANDBUCH DER GRUNDFREIHEITEN UND DER MENSCHENRECHTE. Ein Kommentar IU den österreichischen Grundrechtsbestimmungen. Von Felix Ermacora. Manische Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1963. XX und 565 Selten. Preis 488 S.

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HANDBUCH DER GRUNDFREIHEITEN UND DER MENSCHENRECHTE. Ein Kommentar IU den österreichischen Grundrechtsbestimmungen. Von Felix Ermacora. Manische Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1963. XX und 565 Selten. Preis 488 S.

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Zum Unterschied von anderen Staaten hatte es Österreich bisher noch zu keinem umfassenden Kommentar zu den durch seine Rechtsordnung garantierten Grund- und Freiheitsrechten gebracht. Das mag zum Teil in „der Natur der Sache“ liegen, denn bekanntlich verweist die Verfassungsordnung unserer Republik in diesen so wichtigen Belangen auf die Staatsgrundgesetze von 1862 und 1867! Trotzdem war ein solcher umfassender Kommentar schon längst fällig. Nun — endlich — liegt er im großen Werk des bekannten Innsbrucker Universitätsprofessors Dr. Felix Ermacora vor. Der Verfasser ist auch Mitglied der Europäischen Kommission für Menschenrechte und österreichischer Vertreter in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen.

Das wirklich imponierende Werk ist in 21 Kapitel gegliedert; das erste Kapitel schildert als Einleitung Geschichte und System der österreichischen Grundrechte; sodann folgen 18 Kapitel, die nach dem System des Staatsgrundgesetzes je einen Grundrechtstyp enthalten; das 20. Kapitel behandelt das Wahlrecht als Grundrecht und das 21. Kapitel das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung; letzteres bereits nach dem neuesten Stand der Gesetzgebung, also unter Einbeziehung der Bundesverfassungsnovelle 1962. Der Aufbau innerhalb der kommentierenden Kapitel ist jeweils der gleiche: Zunächst wird der Text der Rechtsquellen geboten, dann folgen ausführliche Literaturübersichten, eine etwas knapper gehaltene Darstellung der geschichtlichen Entwicklung und schließlich der eigentliche Kommentar. So zeichnet sich das umfangreiche Werk auch durch große Übersichtlichkeit aus. Für die juristische Praxis wird es bald unentbehrlich sein. Im Interesse der österreichischen Demokratie muß man aber hoffen, daß es weit über einen engeren Fachkreis Verbreitung findet: Es ist das vielleicht wichtigste Staatsbürgerbuch, das jeden Gebildeten bei der Teilnahme am politischen Leben begleiten sollte.

Das Werk enthält — was man bedauern kann — keine philosophische Grundlegung; es schöpft aus keinen anderen Quellen als aus denen des positiven Rechtes. Wenn es dennoch weit mehr wurde als ein juristisches Fachwerk, dann nicht zuletzt aus der Einstellung des Ver fassers, die folgende Sätze aus seinem Vorwort charakterisieren:

„Die mangelnde Analyse der österreichischen Grundrechte trägt aber auch zur Passivität des einzelnen bei. Er übersieht, daß er durch die Grundrechte auch verpflichtet wird. Eine richtige Würdigung der Grundrechte muß den Durchblick auf manche ungeschriebene Pflicht des einzelnen gegenüber dem anderen und der Gemeinschaft öffnen. Nur eine auf den Grund gehende Analyse kann begreifbar machen, daß die Grundrechte keiner schrankenlosen Freiheit das Wort reden, sondern einer gebundenen!

Der Wissenschaftler glaubt sich berufen, das Seine beizutragen, um diesen Mängeln steuern zu helfen. Er ist sich wohl bewußt, daß die Arbeit nur dem Gestalter dienen kann, wenn es nicht Kräfte gibt, die ernsthaft und phrasenlos je auf ihre Weise bemüht sind, die Grundrechte zu achten . . . Wie brüchig die durch die Grundrechte gezogenen Grenzen für die Staatsallmacht in Österreich sind, zeigt dieses Buch. Rs hat die ständige Auseinandersetzung von Idee (Recht) und Wirklichkeit (Gewalt) zu seinem Nenner.“

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