Kunst ist Dialog
Olivier Assayas hat mit „Zwischen den Zeilen“ einen Film über die Veränderungen der Medienrezeption gedreht. Ein Gespräch über diesen Film und Assayas’ Philosophie dabei.
Olivier Assayas hat mit „Zwischen den Zeilen“ einen Film über die Veränderungen der Medienrezeption gedreht. Ein Gespräch über diesen Film und Assayas’ Philosophie dabei.
Olivier Assayas ist der Philosoph unter den französischen Regisseuren. Das zeigt er auch in „Zwischen den Zeilen“, eine 107-minütige Auseinandersetzung mit bourgeoisen Kunst- und Medienschaffenden aus Paris, die aus Panik vor der Allmacht des Internets und der Algorithmen schon das Ende von Film, Buch, Musik & Co. kommen sehen. Das Gefühl, vom Zeitgeist eingeholt und überholt zu werden, schwingt in den ausufernden Dialogen stets mit. Ein Gespräch über popkulturelle Referenzen, die Aufgabe des Publikums und welche Rolle eine Fellatio während einer Kinovorstellung von Hanekes „Das weiße Band“ im Film spielt.
Die Furche: Monsieur Assayas, vom Zeitgeist überholt zu werden, ist in Ihrem Film die Angst fast aller Protagonisten. Was setzt uns denn so unter Druck?
Olivier Assayas: Unsere Welt verändert sich immerzu. Das war schon immer so. Die Herausforderung dabei besteht in unserer Fähigkeit, diesen beständigen Wandel mit all seinen Strömungen begreifen zu lernen und zu sehen, was wirklich auf dem Spiel steht, wenn wir uns anpassen – oder das eben nicht tun. Genau darum geht es in der Politik und in der Meinungsbildung. Die Digitalisierung unserer Welt und ihre Neuerschaffung in Algorithmen ist der Motor einer Veränderung, die uns völlig überfordert. In der Digital Economy werden Regeln verletzt und oft auch Gesetze gebrochen. Darüber hinaus stellt dieses Wirtschaftssystem in Frage, was in unserer Gesellschaft bisher stabil und selbstverständlich zu sein schien. Mein Film versucht nicht zu analysieren, wie dieses neue digitale Gesellschaftssystem funktioniert. Vielmehr zeigt er, wie die hier aufgeworfenen Fragen uns durchrütteln – und zwar persönlich, emotional und humorvoll.
Die Furche: Der Film besticht durch seine vielen Dialoge und die Anspielungen an popkulturelle Phänomene unserer Zeit.
Assayas: Anfangs dachte ich, so eine Art von Film bekomme ich niemals finanziert.
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