6704867-1963_47_20.jpg
Digital In Arbeit

Die „New Frontier“ persönlich

19451960198020002020

Die Männer um Kennedy. (The Kennedy-Circle.) Ein Bericht. Herausgegeben von Lester Tänzer. Aus dem Amerikanischen von Hermann Reidt. Henry-Goverts-Verlag, Stuttgart, 1963. 360 Seiten. Preis 22.80 DM.

19451960198020002020

Die Männer um Kennedy. (The Kennedy-Circle.) Ein Bericht. Herausgegeben von Lester Tänzer. Aus dem Amerikanischen von Hermann Reidt. Henry-Goverts-Verlag, Stuttgart, 1963. 360 Seiten. Preis 22.80 DM.

Werbung
Werbung
Werbung

Verschiedene Autoren, vornehmlich journalistischer Herkunft, unternehmen in diesem Buch den Versuch, einzelne Personen um Kennedy und damit auch indirekt ihn selbst zu analysieren. Allerdings geschieht das in denkbar positiver, ja milder Weise. Man gewinnt interessante Einblicke in Herkunft, Ausbildung, Karriere und Verhaltensweise der einzelnen Minister und Berater des amerikanischen Präsidenten.

In Vorwort von David Brinkley (!) ist davon die Rede, daß die Regierungsweise der Administration Kennedy eine pragmatische wäre. Dies wird folgendermaßen definiert: „Eine Haltung, bei der man von Ursachen, Prinzipien und angeblichen Notwendigkeiten absieht u rd auf die

Wirkungen, Früchte, Konsequenzen und Tatsachen schaut.“ Würde man freilich aus diesem Satz herauslesen wollen, daß die Regierung Kennedy „von Prinzipien absieht“, dann liele dadurch ein merkwürdiges Licht auf die Philosophie der Harvard-Universität, von deren Professor William James die oben angeführte Definition des Pragmatismus stammt.

Die amerikanische Originalausgabe „The Kennedy Circle“ stammt aus dem Jahr 1961. Niemand zweifelt daran, daß sich Kennedy im kommenden Jahr um eine Präsidentschaft auf weitere vier Jahre bemühen wird, und im allgemeinen herrscht der Eindruck vor, daß er diese Wahlen gegen eine in einen liberalen und konservativen Flügel av.fgespaltene Republikanische Partei auch gewinnen kann. Das würde bedeuten, daß der größte Teil der derzeit amtierenden Minister und Berater in den Schlüsselstellungen Washingtons verbleiben würde. Doch selbst wenn das nicht der Fall sein wird, so wird man von den „sanftäugigen Liberalen“ David Bell und Walter Heller, welche die Budget- und Wirtschaftspolitik der USA einen so entscheidenden Einfluß ausüben, noch weiter hören.

Auch die „Wissenschaftler des Atomzeitalters“, McGeorge Bundy, Walt W. Restow und Jerome B. Wiesner, oder superintellektuelle Minister wie Robert McNamara. welcher vor Übernahme des Verteidigungsressorts Präsident des Automobilkonzerns Ford Motors war, werden nicht von der Bildfläche der großen amerikanischen Politik verschwinden.

Mag sein, daß die persönlichen Berater bzw. Kennedys „Männer zur rechten Hand“ Sorensen, Salinger, O'Brien und O'Donnel im Falle einer Wahlniederlage Kennedys schnell in Vergessenheit geraten werden. Nach den bisherigen Erfahrungen wird man solches von den Kabinettsmitgliedern wie Außenminister Rusk,

Finanzminister Dillon, der bekanntlich schon unter Eisenhower dieses Ressort verwaltete, Orville Freeman und Stewart Udall nicht erwarten können. Recht amerikanisch sind auch die Porträts des ältesten Regierungsmitgliedes Luther Hodges, des „Stimmenfängers“ Ribicoff, des „Geschäftmannes der Politik“ Edward Day und des „Schiedsrichters im Arbeitskampf“ Willard Wirtz. Daß Bruder Robert Kennedy in dem interessanten Buch nicht nur als Justizminister eine Würdigung erfährt, läßt sich bei einer Beschreibung des Kennedy-Clans, dessen Patriarch, Joe Kennedy, von ihm einmal gesagt hat: „Es gibt niemand Besseren als Bobby“, denken. Wer das Buch gelesen hat, wird sich bei der Lektüre der Zeitungen und dem Vernehmen von Nachrichten über die USA jedenfalls mehr vorstellen können als zuvor. Die „New Frontier“ ist personifiziert worden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung