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Was ist mit der Bombe?

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Wie steht es eigentlich mit der israelischen Atombombe? Gibt es sie schon oder noch nicht? Könnte Israel sie in einer militärischen Notlage elnsetzen? Man braucht kein Militär- experte zu sein, um festzustellen, daß die Weiterentwicklung der kleinen israelischen „Volksarmee” — wenn eine Armee diesen Namen verdient, dann die israelische — eine Frage von Leben und Tod ist. Israels Menschenpotential ist erschreckend gering im Vergleich mit dem unerschöpflichen Reservoir der arabischen Staaten. Dieser Nachteil kann nur durch modernste Technik aufgeholt werden.

Es liegen ernstzunehmende Meldungen vor, die darauf schließen lassen, daß sich Israel anschickt, die sechste Atommacht zu werden. Dessenungeachtet, daß selbst General Dayan die Fabrikation von Atombomben, ja sogar die Voraussetzungen dafür energisch in Abrede stellen wollte, herrscht bei den großen Nachrichtendiensten kein Zweifel mehr daran, daß die große Fabrik mit dem Tarnnamen „Dimona” in der Negev- Wüste, zwischen Bershėba und der südlichen Spitze des Toten Meeres, nichts anderes als die Atomibomben- werkstatt der israelischen Armee ist, in der bis dato mindestens sechs bis zehn „Hiroshima-Bomben” erzeugt worden sind, das heißt Sprengkörper mit je 20.000 Tonnen herkömmlicher Sprengkraft.

1958 stand dort, wo heute die Fabrik „Dimona” liegt, ein schäbiges, im Sand versinkendes Wüstendorf. Derzeit arbeitet hier ein modernes, von der Außenwelt abgeriegeltes Großunternehmen mit nicht weniger als 20.000 Mitarbeitern. Die Leitung liegt in den Händen von Professor Doktor Bergmann und des Fermi- Schülers Dr. Racah. Genannte wurden vom selben General de Gaulle an Israel „vermittelt”, der nach dem „Junikrieg” aus „Staatsraison” Partei für die Araber ergriff, indem er jede weitere Hilfe an Israel sperrte. Die notwendige Uranmenge, sagen die „Agentenberichte”, wurde bisher aus Südafrika und Argentinien beschafft. Alles weitere kann angeblich bereits im Lande erledigt werden. In den ersten Jahren konnten nur jährlich sechs Kilogramm Plutonium erzeugt werden, aber die Plutoniumproduktion soll in Kürze auf 50 bis 60 Kilogramm im Jahr erhöht werden können. Dazu sollen auch die Nebenprodukte der Kaliwerke neben dem Toten Meer verwendet werden. Auch andere „kleinere” Staaten, wie etwa Schweden oder Indien, könnten heute Atombomben fabrizieren. Es ist heute nur eine Finanzfrage und ein Problem der Elektrokapa- zität. Israel soll es aber gelungen sein, die Herstellung der Atombombe so zu vereinfachen und zu verbilligen, daß die Geldfrage kein Hindernis mehr ist. Damit gelang es Israel angeblich, die erste „Volksatombombe” der Welt herzustellen.

Jedes Schulkind weiß, daß Atombomben ohne Trägerwaffen wertlos sind. Es gelang der Armeeführung noch rechtzeitig, einige Dutzend amerikanische „A-4 Skyhawk” und 50 „F--4 Phantom”-Flugzeuge zu beschaffen. Weitere Phantom-Lieferungen wurden von der Nixon-Administration bereits bewilligt. Außerdem erzeugen die Israeli selbst eine Mittelstreckenrakete, „MD-660”, mit einem Aktionsradius von wahlweise 500, 600 und 1500 Kilometern. Im arabischen Großraum gäbe es demnach keine unerreichbaren Ziele für Israels Raketen mehr.

Daß die arabischen Staaten die israelische Atomrüstung mit Furcht beobachten, ist selbstverständlich. Aber auch die Weltmächte hegen Besorgnis, da die Befürchtung nahe liegt, daß im Falle eines israelischen Atombombeneinsatzes die UdSSR gezwungen wäre, ihren arabischen Schützlingen ähnliche .gefährliche Spielzeuge” auszuhändigen. Damit wäre ein Circulus vitiosus in Bewegung gesetzt. Verzweifelte Menschen, die um ihr nacktes Leben kämpfen, sind bei ihren Verteidigungsmitteln und Kriegswerkzeugen selten wählerisch. Ein großes Fragezeichen bleibt, ob USA und UdSSR den Konflikt lokalisieren, die Kampfmittel kontrollieren und den Weltbrand verhindern könnten.

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