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Rüsten für Blitzkrieg

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Als im Jänner 1968 der verstorbene israelische Ministerpräsident Levi Eschkol Amerika besuchte, war es sein einziges ernstes Anliegen an den damaligen Präsidenten Lyndon B. Johnson, die von Israels Piloten ersehnten und erträumten Phantom-Jagdbomber zu erhalten. Johnson überlegte lange, ehe er bereit war, eine positive Antwort zu geben. Er antwortete damals: „Bis wir die ersten Phantome liefern können, müssen 18 Monate vergehen, die Zeit vom Beginn der Produktion bis zum Versuchsflug.“ Eschkol wollte sich mit dieser Antwort nicht zufriedengeben, doch es nützte ihm nichts. Als endlich die positive Antwort kam, mußte Israel 200 Millionen Dollar anzahlen. Dadurch entstand eine riesige Lücke in Israels Devisenbeständen, und man befürchtete sogar eine ernste Finanzkrise. Ein besonderer Phantom-Fonds wurde gegründet. Israels Bürger, die bereits die höchste Einkommensteuer der Welt bezahlen, wurden angehalten, freiwillige Spenden für die Finanzierung der Phantome zu leisten. Schulkinder sammelten Ersparnisse und wuschen Autos, um den Ertrag dem Phantom-Fonds zugute kommen zu lassen. Arbeiter verzichteten auf Urlaubstage und schickten ihre Urlaubsgelder an diesen Fonds. Eine neue Sicherheitszwangsanleihe

wurde eingeführt, weitere Papiere für eine freiwillige Staatsanleihe wurden von den Pensionskassen der israelischen Lohnempfänger gekauft. Denn jedes Phantom-Flugzeug kostet mehr als 4 Millionen Dollar. Diese Flugzeuge sollen den Grundstein zu einer neuen israelischen Verteidigungsstrategie bilden. Mit dem Phantom F-4E der McDonnell-Werke (USA) begann eine neue Ära der israelischen Luftwaffe. Es handelt sich um einen Zweisitzerjagdbomber, der eine Höchstgeschwindigkeit von 2,6 Mach besitzt (900 Meter in einer Sekunde) und im Tiefflug 1,2 Mach (400 Meter pro Sekunde). Innerhalb von einer Minute und acht Sekunden kann er eine Höhe von 40.000 Fuß erreichen und kann bis auf 70.000 Fuß (20 Kilometer) steigen. Er hat einen Aktions-

radius von 1600 Kilometer, so daß er mit Leichtigkeit den Assuan-damm anfliegen könnte. Er ist mit zwei 20-mm-Bordkanonen bestückt, die bis zu 6000 Schuß pro Minute feuern können. Dieser Jagdbomber ist fähig, 7,5 Tonnen Bomben zu tragen. Er kann Napalm-, Brand- oder Sprengstoffbomben mit sich führen. Allerdings wurden an den israelischen Phantomflugzeugen keine Luft-Luftraketen installiert, da die israelischen Piloten der Ansicht waren, daß diese im Luftkampf nicht effektiv seien. Hingegen verfügt der Phantom-Bomber über Bordraketen für Bodenziele. Dieser Jagdbomber hat eine Manövrierfähigkeit, wie sie bisher von keiner der bekannten Typen errreicht wurde. Er Ist der Mig 21 in jeder Hinsicht überlegen, doch stellt er sehr große Anforderungen an seine beiden Piloten. Man nimmt sogar an, daß er dem bekannten Mig 23, welcher sich bisher ausschließlich in russischen Händen befindet, wenigstens ebenbürtig ist

Priorität der Luftwaffe

Audi die Skyhawks haben sich in der Israelischen Luftwaffe auf das beste bewährt. Der Skyhawk wurde 1966 zum erstenmal von den USA eingesetzt. Er hat eine Geschwindigkeit von 0,92 Mach, kann eine Bombenlast von 5,5 Tonnen tragen, hat einen Aktionsradius von 750 Kilometer, verfügt über zwei 22-mm-Bordkanonen und braucht verhältnismäßig kleine Rollbahnen zum Starten, so daß er auch von improvisierten Flugplätzen aus operieren kann. Heute werden israelische Luftangriffe mit diesen Flugzeugen geflogen, da Israel bereits über mehr als 70 Skyhawks verfügt. Eine Skyhawk kostet 1 Million Dollar, ein Viertel eines Phantoms also. Als seinerzeit England sich weigerte, Ohieftain-Tanks an Israel zu liefern, sah man darin keine große Tragödie. Gerade in der letzten Zeit entspann sich eine ernste Diskussion innerhalb der israelischen Militärkreise, wie man Israels Verteidigung ausbauen könne. Man kam immer mehr zum Schluß, daß dabei die Luftwaffe eine entscheidende Aufgabe habe.

Den israelischen Piloten fällt es verhältnismäßig leicht, ihre Überlegenheit im Luftkampf zu behaupten. In der Konzeption des Blitzkrieges, in dem man keine territorialen Eroberungen anstrebt, ist die Luftwaffe ausschlaggebend. Auch die israelische Flotte wurde in der letzten Zeit dieser Konzeption der Luft-waffenpriorität angepaßt. Mit Hilfe der Phantom-Flugzeuge fühlt sich Israel Herr der Lage, da es fast alle feindlichen Zentren, von Bagdad bis Kairo, anfliegen und angreifen kann. Israel ist durch keinerlei Verteidigungsverträge an irgendeine Großmacht gebunden. US-Präsident Nixon sprach zwar von Amerikas Freunden — und er meinte damit auch Israel. Das Fehlen eines verpflichtenden Vertrages bringt es jedoch mit sich, daß es für Israel keine finanziellen Erleichterungen beim Ankauf von Waffen gibt. Gerade daraus könnten für Israel wirtschaftliche Schwierigkeiten ererwachsen, da die letzten Waffeneinkäufe bisher noch nicht verkraftet wurden. Ministerpräsident Frau Golda Meir erklärte erst dieser Tage, daß der Staat Israel bei weiteren Waffeneinkäufen sich bessere Zahlungsbedingungen aushandeln wolle. Aber in bezug auf die Phantome erklärte sie, daß man sich im Notfall auch mit den bisherigen schlechten Bedingungen abfinden müsse, um diese Flugzeuge auf jeden Fall zu erhalten. Dann werde man allerdings den Staatsbürgern weitere Steuern auferlegen müssen. Die Erfahrung, die Israels Piloten während der letzten 20 Jahre gesammelt haben, sollen demnächst Buch praktisch angewandt werden. Einige hundert Ingenieure arbeiten bereits seit etlichen Jahren an der Entwicklung eines israelischen Überschall-jagdbombers. Man hofft, bis zum Jahre 1972 die ersten israelischen Flugzeuge in die Luft schicken zu können. Säe sollen nicht nur dem Eigenbedarf dienen, sondern auch auf den Markt zum Verkauf kommen. Aber bis dahin braucht Israel eben die Flugzeuge, um sich weiterhin inmitten eines Meeres von Feinden behaupten zu können.

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