Die FURCHE-Herausgeber
Ich bin kein Freund von „Offenen Briefen“. Also habe ich das Schreiben an Innenministerin Fekter, in dem die „Kardinal König-Stiftung“ gegen die Schließung des „Kardinal König-Integrationshauses“ protestiert hat, erst dann an die Medien weitergegeben, als es den Schreibtisch der Ministerin schon erreicht hatte.
Da aber war alles längst zu spät – die letzten Mieter waren ausgesiedelt. Vorbei ist es mit einem Integrationsprojekt, das bis zuletzt als besonderes „Erfolgsmodell“ gepriesen wurde. Nichts, was künftig mit dem Haus geschehen wird, verdient noch den Namen des unvergesslichen Kardinals. Schade.
„Sicherheit“ zuerst, …
Zugegeben: Ich verstehe wenig von Integrationspolitik. Selbst als die Ministerin einen freundlich-kompetenten Herrn geschickt hat, um die Sache irgendwie zu erklären, ist mir vieles fremd geblieben.
Aber ich weiß doch seit vielen Jahren, dass „Integration“ – als Prozess des Hineinwachsens von Zuwanderern, Asylanten und anderen in unsere Gesellschaft – unter den Fittichen des Innenministeriums einfach nicht in der besten Hand ist und nicht sein kann. Ja dass gerade diese Zuständigkeit ein Teil des Problems ist – egal, wer dort die Verantwortung trägt.
Einwanderer sind Menschen wie alle anderen auch, nur oft bedrohter, hilfloser, traumatisierter – mit mehr Bedarf an Zuwendung. Und mit dem Druck einer enormen Integrationsleistung – eines Bekenntnisses zu Österreich, seiner Kultur, Lebensform und, ja auch, seiner Sicherheit. Da geht es um Wohnung und Arbeit, um Bildung, Soziales und vieles, vieles mehr.
Deshalb ist mir die so symbolstarke Generalkompetenz gerade des Innenministeriums – untrennbar verknüpft mit Polizei und Sicherheit – zunehmend unerträglich geworden. Symbole prägen die Politik.
Fast schien es zuletzt, als sei die Zeit gekommen, diesen Fehler zu korrigieren und über neue Formen der Verantwortung nachdenken. Irrtum. Statt über österreichweite Konzepte und sinnvolle Zuständigkeiten zu reden, entgleiste die Diskussion reflexartig in die üblichen Spekulationen über Posten und Personen: Franz Küberl als Staatssekretär? Aus war ’s – wieder einmal. Und Michael Häupl, Vorkämpfer eines eigenen Integrationsministeriums, kommentierte seinen kapitalen Umfaller zu allem Unglück noch mit dem Satz, sich nun „wieder um wichtige Dinge kümmern“ zu wollen. Eine gelingende Integration gehört offenbar nicht dazu.
… Menschenrecht später
So bleibt alles beim Alten. Die Innenministerin kann das Asylgesetz erneut verschärfen und die Schubhaft ausweiten. „Sicherheit“ zuerst, Menschen- und Völkerrecht später. Und alle bemühte Überzeugungsarbeit – dass Wirtschaft und öffentliches Leben ohne Migration nicht mehr funktionsfähig wären; dass Zuwanderer nicht der Auslöser steigender Kriminalität sind usw. usw. – geht weiterhin spurlos am Bürger vorbei.
„Sicherheit“ ist ja ein seltsam paradoxer Begriff: Als menschliches Grundbedürfnis unbestritten. Als alles überwucherndes politisches Mantra aber ein destruktives, sich selbst gefährdendes Ideal. Und das gerade dort, wo so viele Ängste mit im Spiel sind.
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