Israel: Darf man im Krieg zivile Opfer in Kauf nehmen?
Israel wird aufgrund seiner Vorgehensweise in Gaza heftig kritisiert. Zurecht? Eine kriegsethische Analyse des Philosophen Philipp Gisbertz-Astolfi.
Israel wird aufgrund seiner Vorgehensweise in Gaza heftig kritisiert. Zurecht? Eine kriegsethische Analyse des Philosophen Philipp Gisbertz-Astolfi.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas ist in vielerlei Hinsicht ein sehr besonderer, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Stellungnahmen quer durch die Bevölkerung nicht nur extrem, sondern auch extrem unterschiedlich sind. Die gesellschaftlichen Fronten scheinen beinahe ebenso unversöhnlich wie die Kriegsparteien. Das liegt sicherlich auch daran, dass sich in diesem Krieg – anders als in klar gelagerten Fällen wie dem russischen Angriff auf die Ukraine – viele ethische Probleme überlagern. Gerade im Moment der temporären Waffenruhe scheint es daher angezeigt, sich ethisch zu orientieren.
Das Prinzip der Doppelwirkung
All diese ethischen Probleme verdienten eine Analyse, etwa eine Erklärung, warum die gravierenden Menschenrechtsverletzungen gegenüber der palästinensischen Bevölkerung seitens Israels zwar möglicherweise einen gerechten Grund für einen Krieg bieten, aber sicherlich nicht für einen terroristischen Angriff gegen die Existenz des Staates Israel, der zudem mit der falschen Intention und ohne realistische Aussicht auf Erfolg geführt wird. Oder die Frage, welche ethischen Beschränkungen das allgemeine Gebot der Verhältnismäßigkeit dem israelischen Gegenangriff auferlegt und ob man überhaupt erfolgreich gegen den Terrorismus Krieg führen kann, zumal derart brutal, oder ob man den Terrorismus dadurch nicht mittelfristig nur bestärkt. In der Kriegsethik werden solche Fragen unter dem Terminus „Recht zum Krieg“ diskutiert, also als Fragen, ob man überhaupt einen Krieg führen darf. Ich möchte mich im Folgenden aber einer anderen – in diesem Krieg nicht weniger wichtigen – Frage widmen, nämlich den ethischen Vorgaben innerhalb eines Krieges, und zwar ganz spezifisch den ethischen Bedingungen und Grenzen ziviler Opfer eines Krieges.
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