Bulgarien - © Foto: Pixabay

Trotz EU-Hilfsfonds und Aussicht auf Aufnahme in den Währungsclub: Bulgariens Regierung wackelt

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Die Demonstrationen gegen Premier Bojko Borissow und seine Mitstreiter ebben nicht ab. Die Verzahnung zwischen Oligarchentum, Kabinett und Staatsanwaltschaft treibt vor allem die junge Generation auf die Straße. Ist das der Auftakt zur Wende?

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Die Demonstrationen gegen Premier Bojko Borissow und seine Mitstreiter ebben nicht ab. Die Verzahnung zwischen Oligarchentum, Kabinett und Staatsanwaltschaft treibt vor allem die junge Generation auf die Straße. Ist das der Auftakt zur Wende?

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Eigentlich hätte man in Sofia Grund zum Feiern: Die Finanzminister der Eurozone und die Europäische Zentralbank (EZB) haben Bulgarien – dem Vorzeigeland in der EU in Bezug auf seine Finanzdisziplin – am 10. Juli den Weg für den baldigen Beitritt in den Währungsclub freigemacht. Gemeinsam mit Kroatien wurde das Land in das europäische System fester Wechselkurse (ERM-2) aufgenommen. Zudem kann Bulgarien als eine der schwächeren Wirtschaftsregionen vom Corona-Hilfsfonds der EU enorm profitieren.

Doch anstatt zu jubeln, gehen bereits die zweite Woche in Folge Tausende auf die Straße. Sie blockieren das Parlament und Schlüsselkreuzungen und fordern den Rücktritt des konservativen Premiers Bojko Borissow. Den Hut nehmen soll auch der Generalstaatsanwalt Iwan Geschew. Der Grund für den Protest: Misstrauen! Sie trauen einer Regierung, die für schwer verschuldete alte Kohlekraftwerke neue Produktionslinien plant, um Günstlinge zu unterstützen, nicht zu, eine positive Wende herbeizuführen. Dabei hielten sie es für nötig, mit Hilfe der EU-Gelder das Land zu modernisieren und eine grüne Transition zu vollziehen.

Ein Misstrauensantrag scheiterte erwartungsgemäß

Ein paar Monate vor den regulären Wahlen im Frühjahr 2021 wackelt Bojko Borissows drittes Mitte-Rechtskabinett ernsthaft, auch wenn der von der sozialistischen Opposition gestellte Misstrauensantrag erwartungsgemäß scheiterte.Die Wut der vor allem jungen Menschen, darunter viele Auslandsbulgaren, fand ihr Ventil, als im Netz ein Video auftauchte, auf dem der ehemalige Justizminister und heutige Chef einer kleinen Oppositionspartei, Hristo Iwanow, zu sehen war.

Darin legte dieser in einem Schlauchboot an einem Strand am Schwarzen Meer an und lief – begleitet von einer laufenden Kamera – auf die Villa des Oligarchen und Ehrenvorsitzenden der Partei der türkischen Minderheit „DPS“, Ahmed Dogan, zu. Von dort wurde er schließlich von Männern in Zivil verdrängt. Auch wenn im Nachhinein der Chef des nationalen Büros für Personenschutz zurücktreten musste – die scharfe Kritik am Präsidenten Rumen Radew über den unrechtmäßigen Schutz des Oligarchen Dogan mittels Steuergeldern ebbt nicht ab.

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