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Was will Mosdie Dayan?

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„Mit wem, glauben Sie, werden wir zuerst Frieden schließen?“ — wurde dieser Tage General Mosche Dayan, Israels Sdcherheitsminister, gefragt. Er überlegte nicht lange und antwortete: „Mit dien Arabern Palästinas.“

Das Hauptproblem Israels ist heute: Frieden.

Das israelische Kabinett wurde kurz vor den letzten Kampfhandlungen durch den Eintritt der Oppositionsparteien gestärkt, so daß sich die heutige Koalition im Parlament (Knesseth) auf einer Majorität von 115 von 120 Parlamentsmitgliedern stützen kann. Nur die zwei kleinen kommiunistischen Parteien und eine ihnen nahestehende Partei („Haolam Hase“) gehören dieser Koalition nicht an.

Frieden ist das Problem, das von allen Parteien innerhalb der Koalition und auch in den verschiedenen politischen Versammlungen immer und immer wieder aufgeworfen wird. General Mosche Dayan meint: „Die Araber Palästinas haben das Recht auf Freiheit. Meiner Ansicht nach muß ein Föderativstaat entstehen, in dem nur Außen- und Sicherheitspolitik ausschlaggebend von Israel beeinflußt werden sollten. In einer solchen Föderation besteht die Möglichkeit wahrer Zusammenarbeit zwischen Israel und diesem arabischen Staat auf wirtschaftlicher sowie kultureller Basis, und solch ein Staat kann später als Brücke zum Frieden mit den anderen arabischen Staaten •dienen.“

Ministerpräsident Levy Eschkol ist anderer Aneicht. Er ist für eine völlige Abriegelung der von Israel eroberten arabischen Gebiete. Er setzte eine Kommission, bestehend aus höchsten Beamten aller Ministerien ein, um einen genauen Plan ausarbeiten zu lassen, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse und das allgemeine Verhalten den besetzten Gebieten gegenüber gestalten soll. General Dayan dagegen ist ein Mann der Tat und der Tatsachen. Er ist kein Wirtschaftsfachmann und meint, daß man sich nachher die Köpfe zerbrechen solle, aber zunächst müsse man die Grenzen öffnen, um neue Tatsachen zu schaffen und den Arabern das Gefühl der Freiheit zu geben, das sie weder unter jordanischem noch ägyptischem Regime genossen. Doch mit diesem Projekt konnte er im Kabinett nicht durchdringen. Trotzdem wandern Tausende und Abertausende von Israelis Woche für Woche in che eroberten Gebiete, besichtigen das neue Land, und trotz des offiziellen Verbotes, keinen Handel mit den eroberten Gebieten zu treiben, kaufen sie am laufenden Band ein, was sie nur können. Man nimmt an, daß sich diese Käufe bereits auf mehr als 30 Millionen israelische Pfund belaufen, denn die Preise sind in diesen Gebieten niedriger als in Israel.

Man behauptet, General Dayan, in seiner Punktion als Sicherheitsminister, torpediere die Beschlüsse de3 Eschkol-Kabinetts, wobei er aber von den reiselustigen Israelis aufa weiteste unterstützt wird.

Als seinerzeit General Dayan zum Sicherheitsminister ernannt werden sollte, war sein schärfster Gegner Ministerpräsident Levy Eschkol. Auf einer stürmischen Sitzung des Mapai-Sekretariats — seiner eigenen Partei — wollte er sogar seinen Rücktritt anbieten, doch man konnte ihn überzeugen, daß solch ein Schritt zu solch einer Stunde nicht zu verantworten sei.

Dieser Tage verhandelt Rafi, die Partei Ben Gurions und Dayans, über die Rückkehr in die Mapai, von der sie sich seinerzeit auf Initiative Ben Gurions abspaltete. Die meisten Mitglieder dieser Partei erklärten sich damit einverstanden, daß in der neu zu vereinenden Partei Levy Eschkol weiterhin als deren Vertreter als Ministerpräsident in der Regierung fungieren soll. Die Mehrheit der Rafi-Partei war zu weitgehenden Kompromissen bereit, um eine Rückkehr in die Mapai zu ermöglichen. Auf der entscheidenden Sitzung, die vor wenigen Tagen im Hotel Samuel am Tel-Aviv-Strande stattfand, erschien General Mosche Dayan um Mitternacht, nachdem er sich vorher noch an der Bar des Hotels gestärkt hatte, und erklärte, daß eine Neuvereinigung nicht so ohne weiteres erfolgen könne. Die Rafi-Führer wurden daraufhin wieder unschlüssig, und die Verhandlungen wurden wieder vertagt. Viele behaupten, daß General Dayan zu den nächsten Wahlen selbst als Ministerpräsident kandidieren will. Er hat schon heute innerhalb seiner Partei den greisen Ben Gurion ausgestochen und ist der ungekrönte Fuhrer der Partei. Er glaubt, durch seine Popularität nach dem Sechstagekrieg eine überwältigende Mehrheit gewinnen zu können.

Vorläufig ist es noch verfrüht, von einem endgültigen Bruch zwischen Eschkol und Dayan zu sprechen. Die Bürde der Verantwortung in der heutigen Situation lastet auf beiden. Zwischen Mosche Dayan und Levy Esehkol besteht der Unterschied einer Generation. Bei den nächsten Wahlen, die ungefähr in zwei Jahren abgehalten werden sollen, wird der jetzige Ministerpräsident 73 Jahre alt sein, General Dayan 55 Jahre. Die Mehrheit innerhalb der Mapai, die sie auch nach einer Vereinigung mit Rafi behalten würde, wird Mosche Dayan nicht ohne weiteres als Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten bei den kommenden Wahlen akzeptieren. Man spricht im allgemeinen als eventuelle Anwärter auf diesen Posten von einigen Persönlichkeiten, darunter Jigal Alon, heute Arbeitsminister, dessen Partei Achduth Haavoda sich dieser Tage mit der Mapai vereinigen wird, dem heutigen Generalstabschef Jizchak Rubin, der sich durch Bescheidenheit und Klugheit auszeichnet.

General Mosche Dayan ist der Mann von schnellen Entschlüssen, die sogar eventuell mit einem Kurswechsel verbunden sein können. Man weiß heute weder in seiner eigenen Partei — Rafi — noch in Eschkols Partei — Mapai — was Mosche Dayan wirklich wilL General Dayan spricht viel, er gibt eventuell sogar Erklärungen ab, die nicht immer dem offiziellen Ragierungs-kurs entsprechen. Er spricht fast jede Woche ein- bis zweimal in öffentlichen Versammlungen. Doch über seine persönlichen Pläne der Zukunft hüllt er sich weiter in Schweigen.

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