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Seltsame Tiraden

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Theater der Courage: Einen in den letzten Jahren oft zitierten Zeitgenossen wählte sich Georg Orgel (Autor der ebenfalls in der „Courage“ erstmals gebrachten Sketches „Gemmasiflrchtn“) als Tttelflgur seines nun uraufgeführten Stückes „Die seltsame Tirade des Lee Har-vey Oswald“. Orgel teilt darin die umstrittene These, nach welcher Oswald der Kennedy-Mörder sei, nicht nur absolut nicht, sondern zeichnet mit ihm das „Modell eines Rebellen, der seinen Traum suchte und scheiterte“. Ob dieses Modell mit der historischen Wirklichkeit übereinstimmt, ist dabei gleichgültig. So interessant aber anderseits die dramatische Konzeption auch sein mag, sie leidet an einem schweren Handikap: an einem unausgegorenen Zuviel auf allen Linien1. Gerade dadurch tritt Akzeptables, Eindrucksvolles und frappierend Unzulängliches in ein besonders grelles Licht. Das Können des Autors zeigt sich vor allem in den Szenen mit phantastischer, derber, grotesk überhöhter Bildhaftigkeit, es versagt beim Ausdruck von Emotionen in den lyrischen Partien. Da kann man sich der abgegriffensten Klischees (sie machen Orgel auch sonst schwer zu schaffen) kaum erwehren. — Konzentration der Mittel hätte auch den Regisseur Hans Joachim Schmiedel besser über die Runden

gebracht. Ging es am Anfang noch recht gut, so stürzte er sich gegen Ende gleich dem entfesselten Autor ins wilde Element, in dem Michael Nehar als Oswald eine bravouröse Leistung bietet. Lob gebührt auch dem gesamten Ensemble und dem Bühnenbilder Rudolf Schneider Manns Au für einen — nimmt man alles in allem — interessanten und aktuellen Abend, falls man seine Aktualität zu abstrahieren vermag. Und deswegen ist es gut, daß die „Courage“ dieses Stück spielt, ist es gut, daß Orgel dieses Stück schrieb, und man mag eineinhalb Augen zudrücken, wenn das Stück selbst nicht besonders gut ist.

Theater im Palais Erzherzog Karl: Von der Kriminalboulevardtrauerposse „Monsieur Lamberthier“ des französischen Konfektionärs Louis Verneuil (1893 bis 1952) kann man das allerdings nicht sagen. Was soll das Ganze? Es ist nicht lustig, und ernst kann man es auch nicht nehmen: Da fragt ein halber Psychopath seine verlogene Gattin andauernd, ob sie ihn betrüge (spätestens nach dem ersten Akt steht er mit seinem Interesse alleine da), bringt ihren Liebhaber um (den auch sie haßt!) und stellt sich der Polizei. Zwei Stunden zu spät! — Wenn man nicht Frank Lester kennte, man müßte glauben, er könnte nicht mehr wie Inge Toift. Oder kann diese auch mehr? Man müßte Dieter O. Holzinger fragen, der angeblich Regie geführt hat...

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