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Angst vor „Staatsumarmung“

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Es geht uns gut, wir können uns alles leisten, wir sind gegen alle Eventualitäten abgesichert, wir haben keine unmittelbaren Existenzsorgen, und doch fühlen wir uns im zunehmenden Maße unbehaglich.

Ich habe mich schon sehr oft gefragt, was wohl die Ursache dieses Unbehagens sein könnte und bin zu folgendem Ergebnis gelangt:

In erster Linie ist es die Gefälligkeitsund Verteilungspolitik, die uns davon abbringt, langfristige Unternehmenskonzepte zu erarbeiten und durchzuführen. In Zeiträumen, in denen Politiker denken, nämlich von Wahl zui Wahl, ist es nicht möglich, seriöse Konzepte durchzusetzen.

Diese Politik, die mit dem Hintergedanken der Wahlwirksamkeit geführt wird, ist im großen Maße unverantwortlich und daher weitgehend gefährlich. Es ist langfristig niemandem gedient, wenn die Entscheidungen nach dem Weg des geringsten Widerstandes getroffen werden.

Vielleicht ist der Machthunger der regierenden Klasse schuld an diesen Mißständen, die uns alle in Schwierigkeiten bringen wird.

Es ist auch möglich, daß die Verantwortlichen für diese Politik die echten Probleme nicht erkennen, dann sind sie für diesen Posten ungeeignet oder sie erkennen die Probleme und handeln gegen ihr besseres Wissen, dann sind sie bereits fahrlässig und unverantwortlich.

Politische Verantwortung ist bereits eine weitgehend unbekannte Eigenschaft geworden. Ethische Werte werden zu Grabe getragen.

Ebenfalls unbehaglich fühle ich mich, wenn man merkt, wie wir kleinen und mittleren Unternehmer immer wieder für die Fehler der Politiker herhalten müssen.

Fehler einzelner Unternehmer werden angeprangert und das gesamte freie Unternehmertum, welches in seiner Gesamtheit noch immer die stärkste Säule des Staates darstellt, wird zum Büh-Mann der Nation gestempelt.

Die Alternative zu diesen kritisierten freien Unternehmern stellen die Staatsbetriebe dar. Es ist wohl müßig festzustellen, daß die’ Staatsbetriebe ein schwerer Klotz an unserem Bein sind.

Mit den Steuergeldern aktiver Unternehmer subventioniert, fristen sie ihr eher trauriges Dasein. Wer spricht hier von gröbsten Führungsfehlern, von Unfähigkeit.

Ein Privatbetrieb in dieser Situation müßte schon längst kapitulieren. Auch ein Staatsbetrieb müßte gewinnorientiert geführt werden und nicht als staatliche Versorgungsanstalt.

Die vernünftige Leistung darf nicht nur im Sport eine notwendige Voraussetzung darstellen, sondern müßte überhaupt das Maß der Beurteilung sein. Arbeitsplätze können niemals durch Gesetze sicher gemacht werden, sondern nur durch gesunde Betriebe.

Als einen der wesentlichen Punkte der Ursache für mein Unbehagen muß ich wohl den Umstand, daß der Staat immer mehr von uns Besitz nimmt, aufzeichnen.

Wir ersticken in Gesetzen, Vorschriften und sind schon bald nicht mehr in der Lage, frei zu entscheiden. Unternehmer sein heißt in großem Maße kreativ sein. Kreativität setzt Freiheit voraus.

Die Zwangsbeglückung durch den Staat ist bereits widerlich und unangenehm. Wir brauchen den Druck und die Herausforderung. Wir brauchen keine „Beckmesser“, die uns sagen, wie man richtig singt.

Viele Sozialgesetze, die den Leuten den Himmel auf Erden vermitteln wollen, sind in ihrer Konsequenz tief unsozial. Das gute Verhältnis in den Klein- und Mittelbetrieben wird dadurch vergiftet, daß der Spielraum fürden Verantwortlichen und verantwortungsbewußten Menschen immer kleiner wird.

Der Staat mit seinen Polypenarmen zieht uns immer mehr an sich. Aus diesem. Umstand wächst die Angst, die Frustration, das Unbehagen. Dem Unternehmer wird es dadurch unmöglich gemacht, leistungsschwachere Mitarbeiter mitzutragen. Das zwischenmenschliche Verhältnis wird durch diese Eingriffe immer mehr gestört.

Was wir brauchen, um die Zukunft zu bewältigen, sind reife selbständige und freie Menschen. Wir brauchen jedoch sicher nicht die totale Umarmung durch den Staat bis hin zum totalen Untergang.

Ing. Jörg Gellner ist Bauunternehmer im Bezirk Neunkirchen.

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