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Antineutrale Geschäfte

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Vor genau sechs Monaten diskutierte das eidgenössische Parlament, der Nationalrat, drei Tage lang über eine Initiative, mit der den Produzenten von Waffen und „allem übrigen, kriegstechnischen Zwecken dienenden Material“ die Ausfuhr verboten werden soll. Die Initianten beriefen sich dabei auf den Bührle-Prozeß im Herbst 1970, bei dem gewisse Schwächen in der Überwachung einschlägiger Verordnungen, wonach keine kriegführenden Staaten Waffen erhalten dürfen, offenbar wurden.

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Vor genau sechs Monaten diskutierte das eidgenössische Parlament, der Nationalrat, drei Tage lang über eine Initiative, mit der den Produzenten von Waffen und „allem übrigen, kriegstechnischen Zwecken dienenden Material“ die Ausfuhr verboten werden soll. Die Initianten beriefen sich dabei auf den Bührle-Prozeß im Herbst 1970, bei dem gewisse Schwächen in der Überwachung einschlägiger Verordnungen, wonach keine kriegführenden Staaten Waffen erhalten dürfen, offenbar wurden.

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Der Schweizer Nationalrat hat sich im Frühjahr die Argumente derjenigen, die jegliche Ausfuhr von Waffen verbieten wollen, nicht zu eigen machen können und die Initiative abgelehnt. Diese gelangt nun verfassungsgemäß an das Volk, dem die letzte Entscheidung zusteht. Ein Musterbeispiel schweizerischer Demokratie, die auch das Parlament mit seinen Entschlüssen gelegentlich nur als vorletzte Instanz behandelt.

Inzwischen liegen die Voten der Parteien zu der Volksäbstimmung fest, sie haben sich kaum verändert: lediglich die Sozialistische Partei — von der KP hierzulande ist wenig zu reden — hat als Mitträgerin der Regierung ihre Zustimmung bekanntgegeben, die beiden anderen großen Regierungsparteien, die Freisinnigen und die Christliche Volkspartei, empfehlen Ablehnung. Trotzdem ist der Ausgang noch ungewiß, da das Votum des Nationalrats Schwarzenbach und seiner Anhänger erwartet wird.

Export finanziert Waffeneinkauf

Worum geht es? Die neutrale Schweiz exportiert etwa 30 Prozent ihrer eigenen Waffenproduktion; die restlichen 70 Prozent aber werden durch die Verkaufserlöse praktisch finanziert. Das ist der finanzielle Gesichtspunkt. Die Schweiz handelt hierin nicht anders als andere neutrale Staaten wie Schweden und

Österreich. Nicht alles Material wird selbst produziert, Flugzeuge vor allem müssen eingekauft werden. Einen Verzicht auf eigene Waffenproduktion, wie ihn manche der Initianten am liebsten gleich mit forderten, wird das Schweizervolk in

Erinnerung an die Jahre 1939 bis 1945 niemals gutheißen. Das überwiegend stark ausgeprägte Wehrund Verteidigungsbewußtsein der Schweizer schließt auch das Verständnis für die Notwendigkeit eigener Rüstung mit ein. Diese aber würde in dem Augenblick zu einer enormen steuerlichen Mehrbelastung führen, in welchem sie nicht durch den Waffenexport rentabel würde.

Die moralisierenden Einwände der Befürworter des Verbots treffen aber auch dann, wenn es nicht ums Geld geht, kaum ins Schwarze. Vor allem der Einwand, Entwicklungsländer dürften keine Waffen in der Schweiz kaufen können, hält nicht

Stich. Wer hat das Recht, sie, die ja ihre Souveränität nun eben auch mit eigener Armee dokumentieren wollen, zum Waffenkauf in der UdSSR oder in der CSSR zu zwingen? Denn dorthin müßten sie sich wenden.

Und der Hinweis auf Israel, das 1966 seine bereits bezahlten Flugzeuge von Frankreich nicht erhielt, sollte auch von den Aposteln der Gewaltiosigkeit ernster genommen werden. Schließlich: die nach dem Bührle-Prozeß schärfer als je zuvor gefaßten Überwachungsbestimmungen drosseln ohnehin den Export bereits auf ein Minimum. Wer zur Volksarmee ja sagt, kann zur Bewaffnung nicht nein sagen — was man aber sich selbst zugute hält, kann man schwerlich anderen verweigern.

Die Initiatoren werden es schwer haben, anders als auf einer westlichen Woge des Anti-Establishments ihre Argumente an den Mann und an die Frau zu bringen — die aber hat bisher nur in kleinen Wellen die Schweiz erreicht.

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