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David und Goliath?

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Die erste Auktion präsentiert ein junges Unternehmen, die „Wiener Kunstauktionen”, am 2. und 3. Dezember. Konkurrenz für das Dorotheum?

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Die erste Auktion präsentiert ein junges Unternehmen, die „Wiener Kunstauktionen”, am 2. und 3. Dezember. Konkurrenz für das Dorotheum?

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Zwei heimische Auktions* häuser schmücken seit etlichen Monaten den Wiener Kunstmarkt: das traditionelle Auktionshaus Dorotheum und das ganz junge Unternehmen „Wiener Kunstauktionen”. Die Ursprünge des Dorotheums liegen im Jahr 1707, fast drei Jahrhunderte später, 1993, wurden dje „Wiener Kunstauktionen” gegründet. Eine neue, starke Konkurrenz für das Dorotheum? Mit Einschränkungen, denn mit der Größe des Dorotheums könne ein kleines Unternehmen nicht mithalten, meint der Direktor des neuen Hauses in der Wiener Innenstadt, Otto Hans Ressler. „Goliath hat zwar gegen David keine Chance. Aber in Wirklichkeitscherzt der ehemaliger Leiter der Kunstabteilung im Dorotheum.

Nun schleudert David seinen ersten Stein. Am 2. und 3. Dezember öffnen die „Wiener Kunstauktionen” für die erste Auktion ihre Pforten:

Bilder von Martin Johann Schmidt „Kremser Schmidt”, Ferdinand Georg Waldmüller, Rudolf von Alt, Gustav Klimt, Egon Schiele, Oskar Kokoschka, Friedensreich Hundertwasser, Ernst Fuchs, Arnulf Rainer und weitere Gustostückerln sowie eine Vielzahl von Antiquitäten, wie Mildner Becher, Kothgasser Gläser oder Objekte nach Entwürfen von Josef Hoffmann erwarten die Kunstfreunde. Die Kostbarkeiten können jeweils um 17.30 Uhr in den Räumlichkeiten im Kärntnerringhof (Ringstraßen Galerien) Kärntner Ring 5-7 ersteigert werden. Auf insgesamt 760 Quadratmetern befinden sich mehr als 550 Kunstwerke mit einer unteren Schätzpreissumme von nahezu 55 Millionen Schilling.

Ziel der „Wiener Kunstauktionen” ist es, mit einem kleinen Auktionshaus ohne Bürokratie, die ein so großes Unternehmen wie das Dorotheum benötigt, auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden besser einzugehen, aber auch den Wiener Kunstmarkt zusätzlich zu beleben. „Wien ist eine der kunstreichsten Städte”, in bezug auf die Anzahl der Kunsthändler „die viertgrößte Stadt der Welt”. Das Kunstangebot deutscher Städte, die oft mehrere Auktionshäusern haben, sei im Vergleich zu Wien „geradezu lächerlich', betont Ressler.

Außerdem könne das Dorotheum als einziges Auktionshaus nicht alle Bedürfnisse abdecken. Daher die Erfolge der ausländischen Auktions-häuser, wie Southeby's und Chri-stie's. Der Kunsthandel brauche als Grad- und Wertmesser Auktionen. Ein einziger Gradmesser sei zuwenig. „Auktionen sind Stunden der Wahrheit.”

Aber Konkurrenz bringe nicht nur den Umstand mit sich, daß man sich mehr bemühen muß, was dem Markt förderlich ist, es bringe auch ein Echo vom Markt, denn „zwei können mehr als einer”. Zwei heimische Auktionshäuser seien in einer, in bezug auf die Kunst, „riesigen Stadt” noch immer zu wenig.

Geben wird es immer nur gemischte Auktionen, so der Direktor, also keine sogenannten Spezialauk-tionen, die sich auf ein Gebiet, wie „Alte Meister” oder „Glas und Porzellan” beschränken. „Der Hunger kommt mit dem Schauen und Essen”, vergleicht Ressler. Mit der Kunst verhalte es sich ähnlich, denn für manche Objekte entdeckt der Sammler seine Leidenschaft erst, wenn er sie vor sich sieht. Der Direktor der „Wiener Kunstauktionen” meint, daß erfahrungsgemäß -das Dorotheum hatte früher auch gemischte Auktionen - Kunden, die sich eigentlich für ein Glas interessieren, oft mit einem Bild oder mit einem Teppich nach Hause gehen. Diese Erfahrung versucht das Unternehmen umzusetzen.

Der erste Auktionstag mit dem Spitzenreiter „Die milde Gabe” von Ferdinand Georg Waldmüller ist den Gemälden gewidmet. Spekuliert wird mit einem Preis von mehr als drei Millionen Schilling. Begonnen wird allerdings mit den „alten Meistern”, die von österreichischer Barockmalerei dominiert werden. Neben zahlreichen Werken des 19. Jahrhunderts werden aus dem 20. Jahrhundert unter anderem „Die Freundinnen” von Gustav Klimt und „Stehendes Mädchen mit Hut” von Egon Schiele geboten. Kunst nach 1945 präsentiert sich beispielsweise mit einem frühen Hundertwasser-Aquarell „Mädchen vor Häusern und roter Sonne” aus dem Jahr 1950, dessen Schätzpreis zwischen 600.000 bis 700.000 Schiling liegt.

Am 3. Dezember wird mit den Antiquitäten fortgesetzt: Sechs der beliebten Kothgasser Gläser, darunter Ansichten aus Wien (Karlskirche und Schottenbastei), sowie drei der nicht weniger begehrten Mildner Becher könnten Glasliebhaber bald ihr eigen nennen. Jugendstilvasen aber auch Lampen oder Lederaccessoires nach Entwürfen von Josef Hoffmann - zum Teil von den Wiener Werkstätten ausgeführt - repräsentieren unter anderem die Zeit der Jahrhundertwende. Schmuck, Orientteppiche, einige Skulpturen, eine Dosensammlung aus Wien oder Uhren, wie eine Jahresuhr von Antide Jan vier, der bedeutendste Uhrmacher am Hof von Louis XVI. und Louis XVIII. runden das Angebot an Kunstobjekten ab. Die Originale werden übrigens bei der Auktion nicht gezeigt, sondern auf einem großen Bildschirm präsentiert.

Aber in Zukunft sollen auch weniger Finanzkräftige auf ihre Rechnung kommen. Ab nächstem Jahr sind Auktionen für schmale Portemonnaies geplant. Vor allem junge Menschen sollen damit angesprochen und motiviert werden.

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