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Digital In Arbeit

Die Güter sind für alle da!

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Ist die Klassengesellschaft in der Welt bereits überwunden? Ich meine: nein! Es gibt die Klassen der Europäer und Nordamerikaner, die Afrikaner, Asiaten und Lateinamerikaner. Es gibt überall die Kasten und Klassen der Reichen und der Armen, der Kapitalisten und Ausbeuter, der Hungernden und asozial Entlohnten. Auch in unseren christlichen Bereichen wird zu wenig Widerstand gegen jene geleistet, die ihre Mitmenschen bis aufs Blut ausbeuten und sich ungerecht Reichtümer anhäufen.

Wie weit sind die „Vertretereinrichtungen“ wie Kammern und Gewerkschaften wirklich international tätig und wie weit interessieren sie sich für das Los der Arbeiter, Bauern und Landarbeiter in anderen Erdteilen? Werden bis heute fast nicht nur die „eigenen Interessen“ verteidigt, und die Massen anderer Kontinente werden von ihren Arbeiterkollegen als „Dritt-Welt-Klasse-Arbeiter“ im Stich gelassen. Man verlangt bessere Preise und höhere Löhne und übersieht, daß diese oft zum beträchtlichen Teil auf dem Rük-ken der Armen anderer Erdteile erreicht werden.

Ist nicht eine andere und neue Klassengesellschaft im Werden?

Die .Arbeithabenden und die Arbeitslosen“? Diese Frage kann nicht mit der Antwort aus traditionellen Wirtschaftsmodellen abgetan werden. Wirtschaftsinstitute, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände müssen neue Modelle studieren über die Möglichkeit .Arbeit für alle zu teüen“. Es darf eben den „Arbeitskapitalisten“ mit voller Arbeitszeit und eventuell Uberstunden nicht neben den Arbeitslosen geben. Das wäre unbiblisch nach Apostelgeschichte 4,32, wo die Christen alles „miteinander“ teüten!

Jede Option für die Gerechtigkeit ist vorrangig eine Option für die Armen, weil sie es sind, die in der Gesellschaft als die Schwächsten, ohne Geld, ohne Anwalt, ohne Position und oft ohne Anerkennung, von vielen nicht beachtet werden und ihre Anliegen nicht behandelt werden.

Option für die Gerechtigkeit schließt niemand aus, denn als Christen haben wir gerade in der Pastoral uns um alle zu sorgen und für reich und arm, für Mächtige und Ohnmächtige zur Verfügung zu stehen. Es ist aber unsere Pflicht gerade jenen als Anwalt zur Verfügung zu stehen, die fast niemand und auch fast kein Recht haben. Hier setzt die eigentliche Anerkennung der Menschen an, denn mit schönen Worten allein wird nichts getan; Taten der Solidarität im Geiste der Gerechtigkeit sind notwendig. Tun wir bei uns und vor allem weltweit genug?

Wäre ein „Sabbatjahr für die Weltwirtschaft“ möglich? Wir kennen die Antwort: heute kann man das Rad nicht zurückdrehen; eine Neuverteilung der Güter der Erde kann man nicht in einem Sabbatjahr machen. Trotzdem stelle ich die Forderung auf, daß der Vorgang des alttestamentli-chen Sabbatjahres auch heute neu bedacht werden muß. „Die Güter der Erde sind für alle da!“

Uberall, wo Christen die Gebote der Liebe und Gerechtigkeit ernst nehmen, entsteht eine neue lebenswürdige mitmenschliche Gesellschaft. Das Ernstnehmen kirchlicher Richtlinien und Päpstlicher Rundschreiben würde einen neuen Weg der Mitmenschlichkeit in Gesellschaft und Wirtschaft bringen.

Der Autor ist Vizepräsident des Päpstlichen Rates „Cor Unum“.

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