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Eine Ministerin als Schau-Objekt

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Noch ehe die Regierung Sino- watz-Steger auf die Verfassung vereidigt wurde, hat sie sich auf Parkinsons Gesetz eingeschworen: die rot-blaue Koalition wird um ein Familienministerium vermehrt.

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Noch ehe die Regierung Sino- watz-Steger auf die Verfassung vereidigt wurde, hat sie sich auf Parkinsons Gesetz eingeschworen: die rot-blaue Koalition wird um ein Familienministerium vermehrt.

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Hätten SPÖ und FPÖ je vor dem Wahltag die Forderung erhoben, daß der Bedeutung der Familie für die Gesellschaft durch ein eigenes Ministerium Rechnung getragen werden sollte, wäre die , Ressortvermehrung noch halbwegs glaubwürdig gewesen. Jetzt hilft auch nicht, daß auf einen angeblichen Wunsch des Katholischen Familienverbandes, an den sich niemand im letzten halben Jahrzehnt erinnern kann, hingewiesen wird: es geht nicht um die Familien, sondern um die frauliche Dekoration.

Jene Partei, die Buben mit Puppen und Mädchen Indianer spielen lassen will, hält eisern am politischen Rollenspiel fest. Ministra- ble Sozialistinnen — von Johanna Offenbeck bis Hilde Hawlicek — sind der SPÖ als Leiterinnen gewichtiger Ressorts offenbar nicht gut genug. Da es an der fachlichen Qualifikation nicht liegen kann, muß es am Geschlecht liegen.

Daher steht hinter der Gründung eines Familienministeriums in erster Linie nicht Familienfreundlichkeit, sondern Verlegenheit: Weil im Kabinett Sino- watz-Steger sonst keine Frau im

Ministerrang vertreten wäre, muß ein Ressort für eine Herzeig- Frau her.

Die Frau als Schau-Objekt, dekorativer Aufputz für den rotblauen Ministerstammtisch: Schade, daß die ernsten Anliegen der Familien dafür als Vorwand dienen müssen.

Daß es sich um einen Vorwand handelt, beweist das Rätselraten, welche Kompetenzen das neue Familienministerium eigentlich bekommen soll.

SPÖ-Klubobmann Heinz Fischer gab im Gespräch mit der FURCHE offen zu, daß es diesbezüglich an konkreten Vorstellungen mangelt. Denkbar sei, daß das neue Ressort Kompetenzen des Finanz-, Unterrichts- und Sozialministeriums erbt.

Das würde freilich kein eigenes Ministerium rechtfertigen: Vielmehr müßte — doch davon ist nicht die Rede - das Bundeskanzleramt, dem bisher die „Koordinierung in Angelegenheiten der Frauen- und Familienpolitik“ zugekommen ist, diese zentrale Aufgabe abgeben.

Ohne diese Koordinierungskompetenz wäre ein Familienmi- nisterium überhaupt sinnwidrig, ohne diese Zuständigkeit im Bundeskanzleramt verlöre aber Staatssekretärin Johanna Dohnal die dort ihren Posten rechtfertigende Grundlage.

Zugegeben: Auch ein kompetenzarmes Ministerium kann durch eine starke Persönlichkeit an der Spitze Furore machen. Ge- sundheits- und Umweltminister Kurt Steyrer ist dafür lebendes Beispiel.’

Wäre aber Elfriede Karl, sollte sie von der Staatssekretärin zur Ministerin avancieren, ein vergleichbarer Part zuzutrauen?

Ihre Tätigkeit als Familienstaatssekretärin empfiehlt sie nicht unbedingt als starke Ministerin: Sie hat nicht nur nicht verhindert, daß der Famüienlasten- ausgleichsfonds ausgeräumt und teils zweckwidrig (für die Pensions- und Arbeitslosenversicherung zum Beispiel) verwendet wurde, sie hat dabei sogar tatkräftig mitgeholfen.

Geld kann sie damit vom Finanzministerium für die Familienpolitik keines erben, nur den Familienpolitischen Beirat: Dort darf dann fernab vom Entscheidungszentrum etwa diskutiert werden, welche Berücksichtigung die Familien steuerlich genießen sollten. Herbert Salcher wird seine Freude haben, sich nicht mehr unmittelbar Familienforderungen stellen zu müssen.

Vorbei sind die Zeiten, in denen der Bundeskanzler höchstpersönlich Gesprächspartner und Kompetenzverantwortlicher für die Familienbelange war — künftig werden ihre Anliegen (so der Stand der Dinge) in einem Hinterzimmer des Sozialministenums angesiedelt: das nennt sich Aufwertung der Familie.

Das ist die Verbrämung für die Abwertung, die eigentlich die Frauen bei dieser Regierungsbildung hinnehmen mußten: Kein anderes Ministerium war SPÖ

und FPÖ überflüssig genug

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