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Gesundheitsdienst statt Arztwahl?
Der designierte Sozialminister Weissenberg hat einige Vorschläge zur Reform des Krankenkassenwesens zur Diskussion gestellt. Darunter so einschneidende Dinge wie eine Abschaffung des Krankenscheins in der bisherigen Form. Statt dessen soll sich der Versicherte für ein halbes oder ganzes Jahr bei einem Arzt in eine Liste eintragen. Dieses System (nach dem Vorbild Hollands) soll den Mißbrauch verhindern, der mit Krankenscheinen getrieben werden kann.
Verhindert würde aber dadurch zunächst nur die freie Arztwahl, wenn ein Patient etwa ein ganzes Jahr lang gebunden ist und den Arzt nicht wechseln kann. Und eine Vereinfachung würde dieses System zwar für die Personalbüros darstellen, die sich nicht mehr mit der Ausstellung von Krankenscheinen befassen müßten, nicht aber für den Arzt, für den dadurch noch mehr Papierkrieg entsteht.
Und wieso soll dieser Modus vor Mißbrauch schützen? Kann man sich nicht genausogut in eine Liste eintragen wie einen Krankenschein abgeben, wenn einem gar nichts fehlt? Wobei die Unterscheidung von „Gesunden“ und ,J(ranken“ ja ohnedies recht problematisch ist in einer Zeit, da die Bedeutung der
Vorsorgemedizin immer mehr erkannt wird. Das Erkennen einer Erkrankung im Frühstadium kommt der Sozialversicherung (und damit uns allen) jedenfalls billiger als eine komplizierte Spätbehandlung oder gar Operation.
Man müßte genauer untersuchen, wie sich dieses „holländische System“ in der Praxis für den Arzt und für den Patienten auswirkt, ob er nicht doch einen Schritt weiter zum staatlichen Gesundheitsdienst bedeutet. Eine Reform der ärztlichen Honorierung ist wohl angezeigt, jedenfalls sollte man gründlich darüber nachdenken, was man verbessern könnte, damit der Arzt mehr Zeit für den einzelnen Patienten hat, ohne selbst ständig überfordert zu sein. Neue Formen einer Bürokraü-sierung sind da nicht am Platz.
Als weiterer Reformpunkt wurde in diesem Zusammenhang eine An-hebung der Höchstbeitragsgrenze für die Sozialversicherung genannt. Dagegen hat sich die Industriellenvereinigung entschieden ausgesprochen. Die Sozialversicherung ist keine „Steuer“, die man einfach progressiv steigern kann, sie ist ein Versicherungssystem, das für alle Versicherten gleiche Leistungen garantiert. Höhere Beitragszahlung ohne erhöhte Gegenleistungen käme ja übrigens wieder nur einer Preissteigerung gleich, wie wir sie uns in einer Zeit notwendiger wirtschaftlicher Stabilisierung alle zusammen nicht leisten können.
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