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Hineingeboren in ein großes Geheimnis

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Er ist Arzt und Wissenschaftler und bekennt sich zum christlichen Glauben, von dem er sich eine Überwindung des heute vorherrschenden Materialismus erhofft.

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Er ist Arzt und Wissenschaftler und bekennt sich zum christlichen Glauben, von dem er sich eine Überwindung des heute vorherrschenden Materialismus erhofft.

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„Das Leben ist ein großes Abenteuer. Ein Abenteuer, das wir nicht selbst begannen, sondern in das wir hineingeboren wurden. Wir wissen nicht, woher wir kamen. Es ist ein wunderbares Geheimnis, und wir entwickelten uns weiter in dieser geheimnisvollen Existenz mit allen Wundern und Schönheiten und sollten alles tun, um diese Existenz zu sichern, die Welt auf einem hohen Standard zu halten.“

Dies sagte der berühmte Gehirnforscher und Nobelpreisträger, Sir John C. Eccles, als er sich vor kurzem auf Einladung der Kulturgesellschaft „Tiroler Impulse“ in Innsbruck aufhielt. Als eine der schlimmsten Erscheinungen unserer Zeit bezeichnete der Arzt und Wissenschaftler in einem ausführlichen Gespräch den Materialismus.

„Alles wird heute nach dem materiellen Wert beurteilt. Die Maxime des Materialismus lauten: Geld, Macht, Vergnügen. Das sind die Prinzipien, nach denen zu streben den jungen Menschen heute einsuggeriert wird. Das, so glaube ich, trägt sehr dazu bei, die höheren Ideale eines menschlichen Wesens zu entwerten. Denn es ist immer ein Streben nach Höherem, Reinerem, das uns befriedigt. Auch die wahre Freude hängt damit zusammen.“

Obwohl Mediziner und Naturwissenschaftler, setzte sich John Eccles immer auch mit philosophischen Gedanken auseinander. Mit dem Philosophen, Sir Karl Popper, verbindet ihn eine fruchtbare Freundschaft. Gemeinsam publizierten sie mehrere Werke. Während jedoch Popper zum Atheismus neigt, ist Eccles ein gläubiger Christ. Das Christentum hält er für die stärkste aller Weltreligionen, und es schmerzt ihn, daß sich die Jugend weitgehend vom Glauben abwendet:

„Es muß etwas falsch sein in der Art, wie sich die Kirche der Jugend präsentiert“, meint Eccles. „Es müßte bessere Kontakte geben. Die Zeiten sind anders — es muß ein neuer Weg gefunden werden, den Glauben zu vermitteln. Junge Menschen suchen nach Idealen, nach echten Werten, nach dem Sinn des Lebens. Es sollte nicht sein, daß sich die Jugend von Gott abwendet, die christlichen Ethikvorstellungen mißachtet und Antworten auf ihre Fragen in fremden Religionen und Kulturen sucht. Zum Beispiel beim Buddhismus.

Ich will nicht sagen, daß der Buddhismus schlecht sei. Aber wir leben hier in Ländern mit großer christlicher Tradition, und außerdem glaube ich, daß der Bud-

,.Viele Wissenschaftler scheuen sich, eine Gläubigkeit zuzugeben“ dhismus nicht stark genug ist in seiner Philosophie. Der Weg Buddhas führt sicher zu einer inneren Befreiung und ist in vieler Weise wertvoll, aber ich neige zu behaupten, daß die Buddhisten keine wirkungsvolle Theologie besitzen, wodurch den atheistischen Trends von heute entgegengesteuert werden kann.“

Sir John Eccles nahm auch zur Einstellung der Kirche zur Naturwissenschaft Stellung, vor allem in bezug auf die Evolutionstheorie. „Die Frage der Evolution wurde von der katholischen Kirche nie bestritten. Sie erlaubt jeden Glauben, daß der menschliche Körper aus einem anderen, bereits bestehenden Körper entstanden sei, aber sie besteht auf die Anerkennung der geheiligten Existenz der menschlichen Seele. Und die Seele ist keine Frage der Naturwissenschaft.“

John Eccles ist Wissenschaftler und ein gläubiger Mensch. Er sieht darin keinen Widerspruch. Er ist überzeugt, daß es mehr gläubige Wissenschaftler gibt als man annimmt. „Aber viele scheuen sich, eine Gläubigkeit zuzugeben, weil sie um ihre Reputation fürchten. Das ist leider sehr oft der Fall.“

Und zur alten Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem Glück, meint Eccles: „Man muß das Leben als ein großes Abenteuer sehen. Leben bedeutet, alle unsere großartigen Talente und Möglichkeiten zu nützen. Wenn man versucht, die Welt zu verstehen, sich ihr zugehörig zu fühlen, das Beste zu geben und den Idealen zu folgen, dann wird man auch Glück verspüren. Glück kann man nie auf billige Weise erlangen. So kann man vielleicht Vergnügen finden. Wahres Glück kommt, wenn man es nicht sucht, wenn man alle Talente und Chancen nützt.“

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