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Trügerische Langeweile
Vor viereinhalb Monaten, noch vor den Landtags wählen in Kärnten, Tirol und Salzburg, stand in diesem Blatt (furche 6/1994): „Jörg Haider weiß, daß ihm die Zeit davonläuft: schafft er weder in Kärnten noch bei der EU-Volksabstimmung oder bei der Nationalratswahl einen zählbaren Erfolg, könnte seine politische Halbwertszeit' erreicht sein.”
Tatsächlich deutet vieles darauf hin, daß der Stern des Bärentalers im Sinken ist. Beim FPÖ-Partei-tag in Linz hat Haider keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß er jeden Rückschlag bloß mit einer weiteren Radikalisierung vergessen machen will. Dabei bleiben Umgangsformen wie Realitätssinn auf der Strecke: ÖVP-Chef Erhard Busek ist für den FPÖ-Führer der „selbsternannte Koalitionstrottel”, und mittlerweile finde er, Haider, im ganzen Lande niemanden mehr, der für den EU-Beitritt ist.
Wer derartig wild um sich schlägt, dem steht das Wasser schon längst bis zum Hals.
Die FPÖ wird zwar - bestenfalls - die eine oder andere Stimme bei der Nationalratswahl am 9. Oktober dazugewinnen. Die Zeiten, als Haider der Regierungskoalition Themen und Tempo der Politik vorgab, sind aber vorbei. tt m Abwind befindet sich zwei-
I fellos auch das Liberale Fo-JL rum Heide Schmidts: die am vergangenen Wochenende beim „Bundesforum” in Bregenz beschlossene Kandidatenliste für die Nationalratsliste entbehrt jede Überraschung. Auch inhaltlich stagniert das Forum: entweder es nimmt sich absoluter „Nicht-Themen” an (etwa die Polemik gegen das Konkordat) oder es schwimmt auf der gleichen Welle wie die Koalitionsparteien.
Was als Perspektive für den 9. Oktober und danach bleibt, ist die Bestätigung und Fortsetzung der Großen Koalition; jede andere Regierungskonstellation ist unrealistisch, zumal auch die Grünen höchstens als seriöse Oppositions-, wohl kaum aber als Regierungspartei in Frage kommen.
Genau in dieser vorweggenommenen Entscheidung, in diesem fehlenden Spannungsmoment liegt jedoch das Risiko für die Koalitionsparteien: denn eine niedrige Wahlbeteiligung ginge sicherlich zu Lasten der Regierenden.
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