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Nervöser Floh

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Nein, es ist kein Druckfehler. Es geht um einen zwar kleinen, aber trotzdem großgeschriebenen Floh, der zur Zeit immer nervöser wird und sich verzweifelt nach einem neuen Hund umschaut: die deutsche FDP. Ich habe die Freiheitliche Partei Deutschlands auch schon einmal mit einem Fettauge verglichen, dem es nur wichtig ist, immer obenzuschwimmen, ganz gleich auf welcher Suppe.

Die Bonner Koalition aus CDU/CSU und FDP hat seit einiger Zeit keine demographische Mehrheit mehr, das heißt, sie käme laut Umfragen nicht mehr auf 5 0 Prozent der Wählerstimmen. Das beunruhigt die FDP noch mehr als die großen Schwestern der Union.

Helmut Kohl zum Beispiel sieht sich als großer gesellschaftspolitischer Reformer, der nur geduldig abwarten muß, bis das nachhinkende geistige Fußvolk der Nation den von ihm angerichteten Segen überhaupt begriffen hat. In unerschütterlichem Vertrauen auf die Vergeßlichkeit der Wähler sieht er dem Wahltermin Ende 1990 gelassen entgegen.

Der schwarze Hund bleibt ruhig, auch wenn ihm das Wasser bis zum Hals geht. Aber der Floh hat Angst abzusaugen und hält bereits wieder nach dem roten Hund Ausschau. Diese Angst ist bei einer kleinen Partei durchaus verständlich.

Darum häufen sich derzeit die Äußerungen führender Liberaler - vom Parteivorsitzenden Graf Lambsdorff bis zur Generalsekretärin Schmalz-Jacobsen - die der Öffentlichkeit schonend den nächsten Hundewechsel des Flohs ankündigen. Die FDP werde diese Koalition wohl noch zu Ende bringen, aber wahrscheinlich völlig offen und ohne neue Koalitions- Vorabsprache in den nächsten Wahlkampf gehen. Mit anderen Worten, sollte der rote Hund 1990 mit einer satten Mehrheit im Wanst vorbeikommen, stünde einem Absprung nichts mehr im Wege. Die SPD juckt schon das Fell.

Mit ihren permanenten Anschüssen auf die Abrüstungspolitik von Außenminister Genscher macht die CSU den Liberalen einen Absprung leichter. Erstens, weil die FDP wohl nirgends so einig ist als gerade in der Außen- und Entspannungspolitik. Und zweitens, weil gerade der politische Oldtimer Genscher, der eher die Kanzler und Koalitionen wechselt als seine politischen Ziele, das einzig bedeutende Zugpferd der FDP ist.

Wirtschaftsminister Hausmann ist ein netter Anfänger, Bildungsminister Möllemann ein charmanter Spruchbeutel und Justizminister Engelmann eine Papiermaus, die vor ihrem eigenen Muskelspiel erschauert. Graf Lambsdorff steht heute irgendwie daneben, vor allem neben sich. Er wundert sich nur, daß er gar nicht soviele hilfreiche Kompromisse mit der Union eingehen kann wie diese als sinnlose Opfer verschleudert.

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