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Offene Karten in der Politik

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Unter dem massiven Druck einiger Landespolitiker stimmte die Oppositionspartei im Parlament der Sieben-Milliarden-Subvention an die CA zu, um deren Verluste in den Konzernbetrieben abzudecken.

Die um mehr als drei Milliarden Schilling erbaute, aber noch immer nicht finanzierte Pölser Zellulosefabrik verbucht schon in ihrem ersten Betriebsjahr Verluste in der Höhe ihres Grundkapitals.

Rund vier Milliarden dürften in diesem Jahr dem VOEST-Kon-zern zu einer ausgeglichenen Bilanz fehlen, wobei zwei Drittel der Verluste auf die Beteiligungen entfallen, die aus Gründen der Umstrukturierung des Unternehmens vorgenommen wurden.

Diese roten Zahlen in den Bilanzen großer österreichischer Unternehmungen können vordergründig mit einigen prominenten Managern personifiziert werden. Eine hintergründigere Interpretation erhellt aber Zustände der österreichischen Wirtschaftspolitik, die in der politischen Diskussion tabuisiert und verdrängt werden.

Sichtbar wird dabei vor allem die Entscheidungsstruktur des versteckten Handschlags zu Lasten fremder Kassen. Die meisten Großinvestitionen der letzten Jahre, die zu Problemfällen wurden, charakterisiert ein Konsens im kleinen Kreis hinter verschlossenen Türen. Finanzierung und Risikoabwälzung werden dagegen unter den verschiedensten Titeln sozialisiert.

Die lokalen Interessen von Landeshauptleuten, Betriebsräten und Generaldirektoren sind legitim und erfordern eine im besten Sinne politische Auseinandersetzung über die Interessenkonflikte. Gerade diese politische und deshalb nach unserem Demokratieverständnis wohl notwendigerweise öffentliche Diskussion findet aber in der Wirtschaftspolitik kaum statt.

Der Entscheidungsmechanismus des Handschlags von einigen wenigen ist nämlich nicht nur versteckt, sondern auch sehr stumm.

Im Gegensatz zu ihren Vorgängern flüchten viele derzeitige Spitzenpolitiker vor einer ökonomischen Diskussion. Vielen Topmanagern fehlt eine Perspektive für die globalen gesellschaftlichen Veränderungen, ohne die keine größere Unternehmung in einer offenen Wirtschaft wie Österreich längerfristig bestehen kann.

In Kürze wird der Beschluß über den Fünf-Milliarden-Neubau der Elektrolyse in Ranshofen erwartet, ohne daß es bisher eine öffentliche Auseinandersetzung darüber gegeben hat, ob dieses Projekt mit der österreichischen Industriestruktur kompatibel ist.

Kaum jemand wagt noch die energiepolitische Sinnhaftigkeit der Staustufe Wien in Frage zu stellen, obwohl jede ökonomische Rationalität, die den betriebswirtschaftlichen Horizont überschreitet, zumindest die Bewertung einer alternativen Verwendung der Investitionssumme für Zwecke der Energiekonservierung nahelegt.

Diskussionen als Entscheidungsvorbereitungen für solche konkrete Projekte sind nicht ablösbar von der Suche nach einer nationalen Identität auch auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Schweiz und viele skandinavische Länder demonstrieren, wie sie diese ökonomische Identität in einer globalen Neuverteilung der Produktion finden wollen. Das derzeitige wirtschaftliche Image eines Diskontladens mit einem bescheidenen Warensortiment sollte Österreich zu billig sein.

Der Schritt von der Kollaboration mit verstecktem Handschlag zur Kooperation mit offenen Karten ist mehr als ein Wunsch an den Stil der Entscheidungsfindung. Er ist die Voraussetzung dafür, daß Österreich in der Wirtschaft von morgen bestehen kann. Allerdings wäre er auch ein vielleicht schon recht später Versuch, die Inhalte der Wirtschaftspolitik zu verändern.

Der Autor ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Graz.

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