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Politiker sind auch Menschen

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Politiker sind auch Menschen. Am schwersten tun sich mit diesem Einbekenntnis jene, die an die Politik überirdische Maßstäbe anlegen — also die deutschen „Grünen" etwa.

Einen Abgeordneten warfen sie aus der Bundestagsfraktion, weil er sich als Ex-Nazi entpuppte, einen anderen, weil ihm seine Hand beim Brustkontakt mit Fraktionskolleginnen entglitt, ein Landesmandatar schuf rundum Verlegenheit, weil er einen US-General mit Blut begoß.

Manche wünschen den Grünen nun die späte Einsicht, es wäre besser gewesen, auf eine Parteigründung zu verzichten und für das Umweltanliegen in allen bestehenden Parteien zu werben. Andere erhoffen sich wenigstens, daß in Erkenntnis eigener Schwächen alle mit der generellen Poli-tikerverteufelung Schluß machen.

Das jedenfalls darf man sich auch für Österreich wünschen. Dazu ist freilich auch ein Beitrag der Politiker selbst vonnöten - ein Stilwandel mehr als alles andere, aber doch auch der unvermeidliche Privilegienabbau, auch wenn das Thema vielen schon beim Hals heraushängt.

Dabei geht es nicht ohne die Erkenntnis, daß beispielhafte Einzelleistungen nicht genügen, um Systemmängeln abzuhelfen.

Der SPÖ-Abgeordnete Cap spendiert einen Teil seines Mandatarbezugs einer Bildungseinrichtung. ÖVP-Generalsekretär Graff, frischgebackener Ehemann, hat die Heiratsbeihilfe nicht kassiert. Minister Zilk läßt sich nicht auf Krankenschein behandeln und empfiehlt wohlhabenden Eltern nun den Verzicht auf kostenlose Schulbücher.

Das ist alles schön und gut, aber keine Problemlösung. Fast ist man versucht, es hier mit Karl Marx zu halten, der auch konstatierte, nicht der Unternehmer, der kapitalistisch handle, setze sich ins Unrecht, sondern das System sei falsch, das solches Handeln zur Regel macht.

Wenn ein System Privilegien anbietet, mögen einzelne Tugendheroen darauf verzichten — aber man wird niemandem verargen dürfen, wenn er nimmt, was ihm zusteht. Deshalb müssen wirkliche Privilegien der Politiker, also vor allem Bezüge für nicht erbrachte Leistungen und Mehrfacheinkünfte, gesetzlich abgeschaffen werden.

Dasselbe gilt für den Verschwendungsabbau, gilt für jedermann. Die Einbeziehung gewisser Sozialleistungen in die Versteuerungspflicht wäre ein solcher Weg.

Eine ganz andere Frage ist, ob die Einführung von Ruhensbe-stimmungen für alle Pensionisten, also auch Beamte, gerechter wäre als etwa deren Abschaffung für alle. Mehr Arbeitsplätze dürften bei diesem Dallinger-Plan kaum herausschauen. Sollte man sich nicht doch an eine totale Neuordnung der Pensionsversicherung heranwagen?

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