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Sextechnik an die Schule
Ein Lehrbehelf für die Sexualerziehung wird in den zuständigen Ministerien derzeit ausgebrütet: Eine über weite Strecken lieblose Einführung in Sexualtechniken jeder Art wird auf die Schüler losgelassen.
Der erste Teil des Medienkoffers trägt den Titel „Partnerschaft: Liebe mit Verantwortung. Basisinformationen zur Sexualerziehung“. Dieses Programm wird allerdings nur in äußerst rudimentärer Weise eingelöst: Abgesehen von Einleitung und Epilog werden kommunikative und emotionale Aspekte der Sexualität zugunsten einer hedonistischen und biologisch-technizisti- schen Sicht von Geschlechtlichkeit fast durchgehend vernachlässigt.
Die Basisinformationen unterwerfen sich der Macht des Faktischen, indem sie zwar ausführlich auf biologische und soziologische Untersuchungen eingehen, jedoch in keiner Weise ethische und anthropologische Fragestellungen berücksichtigen.
Das wird dadurch begründet, daß man meint, man müsse Kinder zunächst wertfrei und umfassend über grundlegende Fakten der Sexualität sowie deren Gestaltungsmöglichkeiten informieren, damit diese sich dann frei für eine dieser Möglichkeiten entscheiden könnten.
Allerdings ist dieser Anspruch nicht einzulösen: wo Liebe lieblos dargestellt wird, wird sie nicht vorbereitend ermöglicht, sondern verflüchtigt sich unter der Hand. Wie Kinder im sogenannten „Minilexikon“ durch die genaue Beschreibung von Vaginal-, Oral-, Anal- und manuellem Verkehr zu einem geglückten Sexualleben gelangen sollen, ist nicht ganz einsichtig (siehe Kasten).
So wird Sexualität vor allem im zweiten Teil £les Koffers - sei es nun in Informationen, Abtastspielen, Texten oder Bildern — rücksichtslos und objektivierend in das gleißende Licht der Öffentlichkeit gestellt.
Als Beispiel sei nur eine Passage aus einem empfohlenen Impulstext zitiert: Der Verkäufer flitzte rein in die Garderobe, raus aus der Garderobe und er fühlte Papas Penis, um zu prüfen, ob der Penishalter zu stramm oder zu locker saß.
,Da gibt es noch etwas, worüber wir reden müssen, bevor du zum Einführungsball gehst... worauf du achten mußt, wenn du dich wäschst. Du mußt die Vorhaut des Penis gut zurückschieben, so daß dort nichts Schmieriges mehr zurückbleibt ... Du kannst ruhig einen Tropfen aus meiner Rosenölflasche um den Pimmel und den Schambeutel verreiben, damit es nicht riecht.. .*.“
Demgegenüber wäre zumindest zu fragen, ob Sexualerziehung nicht eher dazu dienen sollte, behutsam und ehrfurchtsvoll die Kinder in den Bereich der Intimität zu führen und dann zu schweigen - was nichts zu tun hat mit ver-schweigen oder alleine lassen!
Auf ein zweites sei noch hingewiesen: Das Konzept der „Wertfreiheit“ wird auch in sich selber unterlaufen. Führt doch bereits ethische Indifferenz gewisse Wertungstendenzen mit sich:
So werden etwa bezüglich der Abtreibungsfrage verschiedene Haltungen vom Verbot bis hin zur völligen Freigabe für die Gesamtdauer der Schwangerschaft dargestellt - für welche man sich entscheidet, ist Privatsache, jede Entscheidung sei zu akzeptieren.
Allerdings werden Wertungen auch bewußt eingebracht, ohne sich als solche auszuweisen und zur Diskussion zu stellen: „Für Frauen kann daher eine nicht geplante oder nicht gewünschte Schwangerschaft enorme Konflikte heraufbeschwören, sodaß eine vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft für sie und den Fötus (sic!) in der augenblicklichen Situation die bessere Lösung ist.“ Oder: „Die Auffassung, daß es sich (bei Abtreibung) um Sünde handelt, geht aber selten auf die Problematik ein, die sich für beide Partner stellt.“ Grundsätzlich bleibt anzumerken, daß der Medienkoffer zumindest tendenziell einer ideologischen Vereinnahmung der Schüler Vorschub leistet. Werthaltungen werden als gefühlsmäßige und daher subjektive Unverbindlichkeiten betrachtet. Jede Kritik wird so von vornherein verdächtigt, partikulare Maßstä-
be totalitär anderen aufzwingen zu wollen.
Allerdings fällt dieser Vorwurf auf den Medienkoffer zurück: Indem er seine eigenen Wertungstendenzen als fraglos feststehend setzt, wird er zur Ideologie.
Vor diesem Hintergrund von „Ver-antwortung“ zu sprechen, grenzt an Zynismus. Baut doch Sozialität - und Sexualität als eine ihrer sensibelsten und eigentlichsten Formen — nicht nur auf dem Recht, sondern auch auf der Pflicht auf, jedem Rede und Antwort zu stehen.
Muß nicht gerade Sexualerziehung als Erziehung in Sozialität zur Sozialität dazu befähigen, in ein offenes, aber auch behutsames und verhaltenes Gespräch mit dem anderen zu treten? Wo anders könnte den Schülern ein Vorschein von Zärtlichkeit und Verantwortung begegnen?
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Forschungszentrum für Grundfragen der Wissenschaft in Salzburg.
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