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Unterschätzte SPO sagt Genossen ade

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Seit 1979 ist eine „Sozialdemokratische Partei” amtlich angemeldet. Ihre Zustelladres.se: die SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße. Mit dem dieswö-ehigen Linzer Parteitag der großen Regierungspartei hat diese „Briefkastenpartei” ausgedient. Die Namensänderung erfolgt offiziell.

Daß sich die SPÖ bereits unter Bruno Kreisky diesen Namen für den Fall des Falles „gesichert” hat, entsprang nicht nur der Angst, politische Konkurrenz könnte ihn besetzen. Kreisky selbst hat die Umbenennung - und er sprach fast auschließlich von der „Sozialdemokratie” - inoffiziell vorweggenommen. Das aber sehr bewußt, um die demokratische Komponente zu betonen und sich vom Sozialismus der anderen Art abzugrenzen.

Franz Vranitzky setzte da fort und sich - auch gegen die innerparteilichen Gralshüter(innen) des Sozialismus -mit dem Wunsch, der Sozialdemokratie den Ruf zu nehmen, eine der Vergangenheit behaftete Partei zu sein, die ihre Aufgabe erfüllt hat, durch.

Natürlich macht eine Namensänderung, ein neues Logo und die Abschaffung des „Genossen” noch keine neue Partei. Natürlich ist die Parteireform, die nur zwei Jahre als widerrufbares Provisorium gelten soll, kein großer Wurf, sondern ein „Reförmchen” (SJ-Chef Martin Winkler), ist der Ansatz, gleichzeitig eine offene Partei sein, aber eine Mitgliederpartei bleiben zu wollen, widersprüchlich. Und natürlich hat die SPÖ mehrere Gesichter - nicht nur das, das Franz Vranitzky präsentiert.

So richtig es ist, daß Vranitzky heute als „Mister SPÖ” gilt, so falsch wäre es, die Partei zu unterschätzen. Keine andere Partei dieses Landes hätte die dichte Folge von Tiefschlägen durch Skandale und Affären auch nur annähernd durchgestanden, sondern wäre aufgerieben worden.

Was organisatorische Geschlossenheit, Stimmenstärke und Regierungsbeteiligung anlangt, gibt es auf Bundesebene keine Partei, die mit der SPÖ mithalten kann. Und sie hat, die Zeit von 1966 bis 1970 ausgenommen, in allen Jahren der Zweiten Republik Regierungsverantwortung getragen und sie wird noch in dieser Legislaturperiode mit der ÖVP als Kanzlerpartei gleichziehen - allen Niedergangsthesen und Verschleißargumenten sowie Abnutzungen zum Trotz. Denn schließlich hat die SPÖ ja auch eine ganze „Kronprinzen”-Generation verbraucht.

Zu lange hat die politische Konkurrenz, voran die ÖVP, die SPÖ unterschätzt. Das sollte ihr nicht nochmals passieren, auch wenn der Linzer Parteitag nur ein bisserl Kosmetik bringt.

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