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Wann eigentlich ?

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Vor dem ölpreisverfall, als das Jahr 1986 von den Wirtschaftsforschern noch deutlich pessimistischer beurteilt wurde, lehnte Finanzminister Franz Vranitzky eine Lohn- und Einkommensteuersenkung kategorisch ab. Kein Geld — die Sanierung des Budgets hat Vorrang.

Unter dem Eindruck des rapiden Olpreisverfalls haben jetzt die Wirtschaftsforscher ihre Prognosen nach oben revidiert: Die österreichische Wirtschaft wird kräftiger — nämlich um drei Prozent — als ursprünglich angenommen, wachsen. Und damit auch die Steuereinnahmen.

Der Finanzminister will freilich von einer Senkung der Lohn- und Einkommensteuer jetzt erst recht nichts wissen: Es gelte, die Gunst der Stunde für eine restriktive Budgetpolitik zu nutzen. Die gute Konjunktur werde die Lohnsäckel ja nun auch so besser als im Vorjahr füllen.

Wann ist, mit Verlaub gefragt, dann eigentlich ein günstiger Zeitpunkt für eine Steuersenkung ? Aus der Sicht des Finanzministers wahrscheinlich nie. Die Sache erinnert fatal an das zweite Standardargument gegen jede Steuersenkung. Für eine große Steuersenkung habe man kein Geld, eine kleine Steuersenkung sei aber sinnlos, weil sie dem einzelnen Steuerzahler „nur ein paar Schillinge“ bringe.

Die Notwendigkeit einer restriktiven Budgetpolitik steht freilich außer Frage. Nur besteht das Budget ja nicht bloß aus der Einnahmenseite, und beim Wort „restriktiv“ denkt der Nicht-Finanzminister üblicherweise zuerst an „weniger ausgeben“. Und die Steuerhöhe hat doch hoffentlich noch eine andere Dimension als die, daß es politisch leichter ist, den einen (= Steuerzahler) nicht mehr zu geben als bisher, als.anderen (z.B. Subventionsempfänger) weniger als bisher zu geben.

Wie aber soll jemand, der jetzt schon nur 7.650 Schilling netto im Monat verdient, verstehen, daß es im Interesse des Staates als Ganzes unbedingt notwendig ist, daß ihm von der nächsten Gehaltserhöhung um 500 nur 307 Schilling netto übrigbleiben? Wenn es sich, geht's um marode Staatsbetriebe, auch bei zehn Milliarden mehr oder weniger nicht spießt.

Wie soll jemand, der jetzt 13.104 Schilling netto verdient (und damit wohl kaum zu den .Reichen“ zu zählen ist), daran glauben, daß sich Leistung wieder lohnt, wenn ihm vom nächsten Tausender Gehaltserhöhung nur 504 Schilling bleiben?

Die Notwendigkeit, aus Gründen der Staatsräson die Steuerschraube weiter anzuziehen (darauf läuft ja dank Progression ein Status quo hinaus!), werden die Österreicher nur verstehen, wenn auch alle anderen Schrauben angezogen werden, die locker sind...

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