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Zeitgenosse

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Die Wissenschaft ist längst zu einer ,3ranche“ geworden, die ihre eigenen Managementmethoden

braucht wie die Industrie oder der Handed. Der Professor, der einem Institut vorsteht, muß verwalten können wie ein Betriebsleiter, ob er nun Althistoriker oder anorganischer Chemiker ist. Und die internationalen Verflechtungen der Gelehrten und ihrer Universitäten über alle Staatsgrenzen hinweg, mehr noch der Bildungs- und Wissenschaftsprobleme selbst, werfen keine geringeren Führungsprobleme auf, als die traditionelle Diplomatie für die Außenpolitik oder die Arbeit der „Multis“ in der Wirtschaft.

Wer aber sind die Männer, die die „Branchenkenntnisse“ mit den nötigen Managementfähigkeiten verbinden, um diesen Forderungen gerecht eu werden? Wo sind die Wissenschaftsmanager, die Bildungsdiplo-•maten mit internationalen Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten, mit Kenntnissen im Fach ebenso wie

in den einschlägigen Vorschriften des ■In- und Auslandes? Wer bildet sie aus, wo kommen sie her? Was bringen sie mit?

Für Österreich sind diese Fragen schwer zu beantworten. Aus den Reihen der akademischen Funktionäre der vergangenen Jahre hat sich eine Handvoll Männer herausgefunden, die zum Forscher und Lehrer auch noch den Manager kommen ließen, Rektoren meist, die auch nach ihrer Amtszeit noch die erworbenen Kenntnisse standespolitisch oder fachpolitisch auswerten konnten. In den einschlägigen Ministerien gibt es einzelne Beamte, die dank ihrer Fremdsprachenkenntnisse Auslandsverwendung erhielten und so den Blick über die Grenzen schärfen konnten.

„Modelltyp“ des Wissenschaftsmanagers aber ist am ehesten Raoul Kneucker, 38, Generalsekretär der österreichischen Rektorenkonferenz, seit 1964, seit Piffls Rat für Hochschulfragen, in die Wissenschaftspolitik eingespannt und heute bereits als Experte zahlreicher internationaler Gremien auch in Übersee als Gastredner gerne eingeladen.

Der gelernte Verwaltungs- und Verfasaungsjurist kommt wegen der

überbordenden Arbeit seiner Funktion mit der längst fälligen Habilitation nicht zum Abschluß. In den sieben Jahren dieser Tätigkeit aber ist es ihm gelungen, dem Führungsgremium der österreichischen Universitäten die notwendige schlagkräftige Organisation zu geben. In diesen Jahren ist die Rektorenkomfereniz — sicherlich auch unter dem Druck äußerer Ereignisse — aus einem Zirkel hochqualifizierter, aber doch mitunter weltfremder Gelehrter zu einem Ongian geworden, das sich seiner Bedeutung und Stärke wohl bewußt ist. Aus der Wissenschaftspolitik ist die Stimme der Rektoren nicht mehr wegzudenken.

Kürzlich lud die Universität von Nebraska in den USA den Österreicher ein, ihren Post-graduate-Hörern über die europäischen Bemühungen in der Bildungspolitik zu berichten. „Drüben“ hat man schon früher erkannt, wie wichtig die Heranbildung von Wissenschafts- und B'ildungs-funktionären ist und bietet nun ein aus Pädagogik und Juristerei kombiniertes Auffoaustudium. Kneucker konnte nicht nur »berichten, wie er bereits 1965 gemeinsam mit den Professoren Tuppy und Strasser die erste wegweisende Studie zur Univer-

sitätsreform in Österreich verfaßt hat, sondern auch aus seiner Tätigkeit im Ausschuß des Europarates für die Fragen der Gleichwertigkeit

im europäischen Bildungswesen, oder über das Zentrum der europäischen UNESCO-Mitglieder für Hochschulbildung in Bukarest, dessen wissenschaftlichem Beirat er ein Jahr lang präsidiert hat.

EnglischjDolmetschprüfung neben dem Jusstudium in Graz, dann Studien in den USA gaben die Voraussetzung dafür, daß Englisch zur zweiten Muttersprache wurde — und die aus den Staaten mitgebrachte Gattin sorgt nun dafür, daß es so bleibt. Die Verankerung in zahlreichen internationalen Komimissionen machte Kneucker auch zu einer Schlüsselfigur im Apparat der Europäischen Rektorenkoniferenz, Österreich zu einem beliebten Tagungsort ihrer Ausschuß- oder Plenarsitzungen. Wen wundert's, daß bei Raoul Kneucker angefragt wurde, ob er nicht nach Genf umziehen wolle, als der Generalsekretär des Dachverbandes der westeuropäischen Universitäten sich nach neuen Aufgaben umsehen wollte? Kneucker hat abgelehnt. Es gibt auch in der Heimat noch genug zu tun, auch und gerade für einen Mann, der über ihre Grenzen hinaus einsatzfähig ist — und der sogar hier Anerkennung findet.

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