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Philosophische Ansprüche des Christentums

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Wir sind dem Verlag Herold dankbar, daß er uns im vorliegenden Band das letzte und reifste Werk des französischen Religionsphilosophen Maurice B 1 o n d e 1 zugänglich gemacht hat. Das Buch stellt an den Leser nicht geringe Anforderungen. Wer sich aber entschließt, diesen zu entsprechen, dem wird reicher Lohn zuteil.

Die zahlreichen Fragen, die der denkende Menschenverstand bei der Betrachtung des Christentums, seiner konkreten Gestalt und Entwicklung aufwirft, werden hier von einem Philosophen erörtert. Soweit der menschliche Verstand einzudringen vermag, werden diese Fragen auch sorgfältig gelöst. Der Autor, der am Anfang seines Schaffens der immanentistischen Apologetik verdächtigt wurde, ist inzwischen auch reifer geworden, außerdem ist die Streitfrage längst aus der Welt geschafft. Blondeis Anliegen ist es, das Geheimnis des Christentums lediglich von der Philosophie her zu durchleuchten. Dabei geht es ihm nicht bloß um die sogenannten praeambula fidei, sondern auch um die christlichen Dogmen. Wie die Dogmatik ein argumentum ex ratione kennt, das dem gleichen Anliegen dient, so wird hier, allerdings nicht im scholastischen Sinn und in scholastischer Methode, sondern in phänomenologischer Methode das ganze Gebäude des christlichen Glaubens rationell durchleuchtet. Begreiflicherweise kreisen die Gedanken Blondels vor allem um das Problem der Uebernatur. Der scholastisch gebildete Theologe wird sich nur langsam in diese etwas andere Denkweise hineintasten können, er wird aber, sobald ihm dies gelungen ist, bei Blondel wertvolle Gedanken finden.

So wird der Theologe in dieser Philosophie des Christentums manche wertvolle Anregung finden, der Laie jedoch, der sich zu dieser nicht gerade sehr leichten Lektüre aufrafft, wird staunen über den Reichtum der Gedanken, die neuen und tiefen Aspekte des Christentums, die sich vor seinen Augen auftun. Blondel tritt mit seiner Religionsphilosophie an die Seite der „Apologie des Christentums“ des deutschen Dominikaners Albert Maria Weiß und der Werke des großen Kardinals Newman. Jeder dieser Autoren hat eine eigene Methode, allen dreien aber eignet ein besonderer Ernst und eine besondere Aktualität. Blondel ist unter ihnen, weil ausschließlich Philosoph, der schwierigste und tiefste.

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