Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Der Schilling
Mit den Versuchen, die Eine Welt zu errichten, gehen die Bemühungen einher, aus den vielen Volkswirtschaften eine funktionierende, tatsächlich globale Wirtschaft und zu diesem Zweck auch eine Währung zu schaffen.
Bisher hatte der Dollar faktisch den Charakter einer Weltwährung gehabt. Die anderen Währungen, sie mochten noch so gut sein, schienen dagegen von zweitrangiger Bedeutung.
Im Rahmen einer bereits vor drei Jahren beschlossenen und nun vollzogenen Umwandlung des bisher bestandenen Zahlungs- und Verrechnungssystems von 17 europäischen Staaten (der EZU) wurde nun die sogenannte Ausländerkonvertibilität geschaffen: Wenn Ausländer in einem Land, das seine Währung für konvertierbar erklärt hat, ein Guthaben in der Währung dieses Landes besitzen, können sie nunmehr ihr Guthaben nach Gutdünken in eine der umtauschbar gewordenen Währungen oder in Dollar umwandeln. Diese vorläufig nur den jeweiligen Ausländern gebotene Möglichkeit, Inlandswährung gegen fremde Umtauschen zu können, ist ein Zeichen dafür, daß das betreffende Land ausreichend fremde Währungseinheiten (Devisen) oder Gold besitzt.
Oesterreich hat mit Wirkung vom
1. Jänner 1959, laut Kundmachung 117 der Oesterreichischen Nationalbank, den Schilling ebenfalls als konvertierbar erklärt. Das bedeutet, daß jeder Ausländer, der in Oesterreich ein Schillingguthaben besitzt, dieses nunmehr „freie Schillingguthaben“ in eine beliebige ausländische Währung oder in Dollar umwandeln kann. Die Bedeutung liegt auf dem Wort „kann". Ein Kaufmann wird kaum des Spaßes halber seine Guthaben umwandeln. Es genügt, wenn ihm jederzeit die Möglichkeit geboten wird, es zu tun.
Gleichzeitig wurde der Schilling in Anpassung an das neue Verrechnungssystem um etwa 3°/oo gegenüber dem Dollar aufgewertet.
Noch nie in der Geschichte unseres Landes war die Wirtschaftslage Oesterreichs so gut — auch im Vergleich mit anderen Ländern — wie jetzt.
Im abgelaufenen Kalenderjahr gehörte der Schilling zu jenen europäischen Währungten, die sich als die stabilsten erwiesen haben. Diesmal aber war es keine trügerische Stabilität, wie jene vor 1938, an der wir kaum eine rechte Freude haben konnten. Der Besitz des „Alpendollars“ war an eine uns heute unvorstellbar hohe Arbeitslosigkeit gebunden, an eine Depression, deren Folgen die Aelteren unter uns als einen psychologischen Schock noch immer nicht verwunden haben. Wir können es daher einfach noch nicht glauben, daß es uns endlich gut geht.
Oesterreich — und mit ihm eine Anzahl der Länder des Kontinents — hat bewiesen, daß es möglich ist, Stabilität der Währung (und damit der Preise) mit einem hohen Beschäftigungsstand, eine Ausweitung der Wirtschaft ert- gegen allen bisherigen Erfahrungen mit einer Stärkung des Geldwertes zu verbinden.
Auch wenn es Laien nicht glauben wollen: den USA ist Gleiches nicht gelungen!
Was viele Menschen einander zum Jahreswechsel gewünscht haben: es solle so bleiben, wie es ist. kann man auch für den Schilling wünschen, der seine erste Bewährungsprobe in souveräner Gelassenheit bestanden hat.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!