"Ein Teil von unserem genetischen Code“

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Harald Mahrer, Präsident der schwarzen Julius Raab Stiftung, über seine Motive für die politische Spekulation "10 Jahre schwarz grün“ und das Potenzial einer Kernöl-Koalition heute.

Die Furche: Zehn Jahre nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen von ÖVP und Grünen spekulieren Sie, was gewesen wäre, wenn sie anders ausgegangen wären. Wie viel Wehmut spielt da mit?

Harald Mahrer: Gar keine. Ich hätte damals diese Koalitionsvariante bevorzugt. Es wäre eine interessante Option gewesen, aber man hat eben einen anderen Weg gewählt. Ich vertrete die Grundwertehaltung, dass man in einer Demokratie immer in Richtung eines gesellschaftlichen Konsens arbeiten und sich neuen Herausforderungen - etwa ökologischen - mutig stellen muss. Deshalb geht es mir nicht darum, Vergangenes zu beklagen, sondern zu überlegen, was man zukünftig besser machen kann.

Die Furche: Mit einer schwarz-grünen Regierung nach der Nationalratswahl, falls es sich wider Erwarten rechnerisch ausginge?

Mahrer: Ich halte das nach wie vor für eine interessante Variante. Allerdings gibt es einen großen Unterschied zum Jahr 2003. Wir sind dabei, unsere Hausaufgaben zu erledigen und uns programmatisch für die Zukunft aufzustellen. Bei den Grünen sehe ich das nicht. Sie driften immer mehr in Richtung Staatswirtschaft und Bevormundung ab. So haben wir die Grünen vor zehn Jahren nicht gesehen. Außerdem müsste von den Grünen wieder Richtung Volkspartei dialogisiert werden. Momentan werden wir von ihnen täglich als korrupte Partei angepatzt und unter Generalverdacht gestellt.

Die Furche: Es läge also nur an den Grünen? Die ÖVP müsste sich nicht bewegen?

Mahrer: Von der Grundwertehaltung her, der Konzeption der Ökosozialen Marktwirtschaft, nicht. Das ist das Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, das Antworten gibt auf die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Das Konzept ist ein Teil von unserem genetischen Code. Allerdings weiß das kaum jemand mehr. Es ist unsere Aufgabe, das in die Köpfe zu bringen, in der Partei und außerhalb. Wir sind dabei, unsere Hausaufgaben bestens umzusetzen.

Die Furche: Die ÖVP hat eben erst eine Erhöhung der Pendlerpauschale beschlossen. Das riecht nicht sehr ökosozial.

Mahrer: Natürlich hätte man die Frage besser lösen können. Eine große Steuerstrukturreform und eine nachhaltige Lösung in der Mobilitätsfrage müssen Ziele einer nächsten Bundesregierung sein. Im jetzigen System sind breitere Steuerstrukturreformen allerdings nicht möglich. Und so muss man ein Gleichgewicht halten zwischen sozialen, ökologischen und Wirtschaftsfragen.

Die Furche: 2003 gab es in der ÖVP auch Widerstand gegen ein schwarz-grünes Experiment. Wäre es heute mehrheitsfähig?

Mahrer: Die Ökosoziale Marktwirtschaft ist Teil des Parteiprogramms der ÖVP. Sie ist ein Konzept aus der breiten Mitte für die breite Mitte und daher per se mehrheits- und zukunftsfähig. Sie sichert sozialen Zusammenhalt und schützt vor Extremisten.Viele junge Funktionäre in der ÖVP könnten sich Schwarz-Grün vorstellen - wenn die Grünen ihr Verhalten gegenüber der ÖVP ändern. Ob eine Koalition entstehen könnte, hängt von den Grünen ab. (dol)

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