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Wem der große Wurf gelungen, / eines Freundes Freund zu sein, / wer ein holdes Weib errungen, / mische seinen Jubel ein!

(Friedrich Schiller: Ode an die Große Koalition)

In wenigen Tagen also wird es so weit sein, die Untergruppen haben gute und zügige Arbeit geleistet, ein paar Dinge noch, die unter „Chefsache“ firmieren – dann haben wir eine stabile Regierung, die das Schiff Austria mit sicherer, ruhiger Hand durch die stürmische See der globalen Finanzkrise steuern wird. Der große Wurf ist gelungen, Werner und Sepp wollen doch lieber Freunde in turbulenten Zeiten sein, die holde Koalitionsbraut kann zum Altar in die Hofburg geführt werden, wo die beiden Partner sub auspiciis praesidentis rei publicae ihr Jawort besiegeln werden. Oder so ähnlich.

In den nun zwangsläufig aufkommenden Jubel wollen wir uns aber hier mit ein paar Fragen – wir brauchen keine zehn – einmischen:

Was will Faymann eigentlich?

1. Warum will Werner Faymann eigentlich Bundeskanzler werden? Bei seinem Vorgänger beeindruckte immerhin dessen Gestion als eine Art erster Salonintellektueller des Landes, unterfüttert mit dem hierzulande üblichen, durchaus sympathischen Hedonismus. Diesen Kanzler konnte man auch auf internationalem Parkett herzeigen. Aber Faymann? Will er irgendwas, außer dass alles wieder wird, wie es immer war und sein soll immerdar?

2. Gibt es in der SPÖ Leute, die ein Interesse an programmatischer Neuorientierung haben? Die sich die Frage stellen, wie sich Sozialdemokratie für das 21. Jahrhundert, unter völlig veränderten und sich weiterhin rasant verändernden Bedingungen, neu buchstabieren ließe? Man muss ja nicht immer gleich New Labour strapazieren. Es genügt ein Blick nach Deutschland. Dort haben inzwischen wieder Leute das Ruder übernommen, die klar erkannt haben, dass mit Rezepten à la Lafontaine kein Staat und kein Europa zu machen ist. „Warum die Linke heute das Ancien régime repräsentiert“, schrieb Josef Joffe (übrigens schon vor gut zehn Jahren) in der Süddeutschen Zeitung.

Was traut sich die ÖVP noch zu?

3. Glaubt die ÖVP noch an sich selbst? Traut sie sich überhaupt noch zu, für eine „andere Politik“ zu stehen, wie das, vielfach belächelt, aber in der Sache völlig richtig, Alois Mock stereotyp gefordert hatte? Oder ist es ihr nur darum zu tun, die Sozialdemokratie ein wenig mit Weihrauch und Lagerhaus-Dünger aufzupeppen? Riskiert sie es, für Leistung, Wettbewerb, europäische Offenheit einzutreten? Versteht sie sich als Anwalt derer, die sich auf das gesellschaftlich wie finanziell nicht eben attraktive, oft mühevolle, auf lange Sicht aber lohnende Projekt eines dauerhaften Zusammenlebens mit Partner/in und Kindern einlassen? Ganz allgemein: Hat sie begriffen, dass man nicht allen alles sein kann? Weil nur der nichts und niemanden diskriminiert (von lat. discriminare = trennen, unterscheiden), der mangels Fähigkeit oder Willen zur Unterscheidung auch nichts und niemanden fördert? Als leitendes Prinzip hierfür könnte jenes Wort des Ignatius von Loyola gelten, welches in einem Leserbrief in der letzten FURCHE zitiert wurde: „Ich gehe mit jedem Menschen durch seine Tür hinein, um ihn durch meine Tür wieder herauszuführen.“

4. Quousque tandem … Wie lange noch, ihr Protagonisten und Herolde von Rot und Schwarz und Rot-Schwarz, wollt ihr unsere Geduld missbrauchen (frei nach Cicero)?

Antworten an die Redaktion frühestens 2013 erbeten.

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