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Sie lernen Österreich erst kennen

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Kindern und Enkeln ausgewanderter Österreicher gilt eine Initiative der Auslandsösterreicherin Walek-Doby, die im Waldviertel verwirklicht wird.

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Kindern und Enkeln ausgewanderter Österreicher gilt eine Initiative der Auslandsösterreicherin Walek-Doby, die im Waldviertel verwirklicht wird.

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Unser Verein ist total überaltert. Die Jugend interessiert sich nicht mehr dafür.“ Solche Feststellungen machen die Präsidenten von Auslandsösterreicher-Vereinen immer wieder, egal ob sie aus den USA, aus Japan, Chile, Frankreich oder sonstwo herkommen.

Schon in den späten siebziger Jahren war die Auslandsösterreicherin und Journalistin Traude Walek- Doby überzeugt: „Kinder oder Enkel ausgewanderter Österreicher werden erst Interesse am Herkunftsland haben, wenn es ihnen persönlich bekannt ist.“ Daß sich gezielte Auslandsösterreicherarbeit nur von Österreich aus realisieren läßt, war offensichtlich •— und so wurden die Aufenthalte im heimatlichen Waldviertel für Walek-Doby immer länger, je weiter sich die von ihr initiierte AÖ-Jugendarbeit entwickelte.

1981 kamen erstmals zehn junge Auslandsösterreicher als Gäste in Waldviertier Privatfamilien. Für Walek-Doby war das noch ein Ha

sardspiel: sie suchte Gastfamilien für AÖ-Kinder, die sich noch nicht gemeldet hatten, sie animierte AÖ- Kinder zum Kommen für Familien, die sie noch nicht gefunden hatte, und sie sagte ärmeren Gastkindern einen Fahrtkostenzuschuß zu, ohne einen Schilling dafür zu haben. Aber da stand diese absolute Überzeugung im Raum, daß völkerverbindende Kontakte nicht vor den eigenen Landsleuten haltmachen dürften.

Wie sich zeigte: die Idee war richtig, das Interesse groß und Jahr für Jahr war eine fast lOOprozentige Steigerung der AÖ-Gastkinder zu verzeichnen. Mit ein „Mann der ersten Stunde“ war damals Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, der die Kinder und ihre Waldviertler Gast- familien in den Räumlichkeiten der Wiener Hofburg empfing.

Um finanziell nicht von der Hand ih den Mund leben zu müssen, gründete Walek-Doby den Verein „Waldviertler Ferienwerk für AÖ- Kinder“, der seit seinem elfjährigen Bestehen schon rund 350.000 Schilling an Zuschüssen zugesprochen hat. „Von den Schönheiten Niederösterreichs können nun auch ärmere

Kinder erzählen“, so Walek-Doby.

Waren es anfangs nur Privatfamilien, von denen die AÖ-Kinder eingeladen wurden, zeigte sich bald der Bedarf an Plätzen in Ferienheimen. So wurden Vereinbarungen mit Organisationen von Ferienlagern getroffen, beispielsweise mit dem Pfarrer von Langau, P. Andreas Brandt - ner, der das „Zigeunerlager“ organisierte, mit dem Verein „Freiraum“, der in Sallingstadt das „Bunte Dorf“ veranstaltete, mit dem Niederösterreichischen Bildungs- und Heimatwerk, das Singwochen, und der Turn- und Sportunion, die Spbrtwo- chen durchführte. Im Sommer 1993 ‘ wurden bereits elf verschiedene Ferienmöglichkeiten angeboten.

EIN BEISPIEL MACHT SCHULE

Nach langem Kreisen zu verschiedenen öffentlichen Stellen ermöglichte 1988 der damalige Landeshauptmann von Niederösterreich, Siegfried Ludwig, einen Werkvertrag, aus dem ein Planposten, und unter Landeshauptmann Erwin Pröll ein AÖ-Referat wurde. Niederösterreich ist somit das einzige Bundesland, in

dem AÖ-Arbeit systematisch und ganzjährig betrieben wird, wenngleich sich auch andere Bundesländer vom guten Beispiel anstecken ließen: Steiermark und Oberösterreich übernahmen die Idee des AÖ- Jugendtreffens und veranstalten seit 1990 einwöchige Treffen.

Eine Jugendbegrüßung (seit 1984) und ein Jugendtreffen (seit 1986) im Zusammenhang mit dem jährlichen AÖ-Treffen in einem anderen Bundesland organisierte Walek-Doby schon als kooptiertes Vorstandsmitglied des „Weltbundes der Österreicher im Ausland“. Eine recht alte Idee ist außerdem auch das sogenannte „Kulturpaket“, in dem österreichische Schulbücher, Restposten bei Verlagen, den auslandsösterreichischen Kindern auf Bestellung zugeschickt werden. Jedes Jahr gehen mehrere tausend Bücher in die hintersten Winkel dieser Welt — und das schon seit mehr als zehn Jahren.

Eine vergleichsweise junge Idee ist die der Ferialpraxis für AÖ-Ju- gendliche und die allerjüngste wird 1994 erstmals verwirklicht werden: das „Umwelt-Seminar für Auslandsösterreicher“. Zusammen mit

den „Sprachferien für AÖ-Kinder“ sind dies die beiden Aktionen, die extra für Auslandsösterreicher veranstaltet werden, während alle anderen Organisationen für österreichische Kinder arbeiten, bei denen sich die AÖ-Kinder anschließen dürfen.

NEUESTE AKTIVITÄTEN

Neu wird 1994 auch ein Wettbewerb „Texte zur Umweltsituation“ sein, bei dem als erster Preis ein Aufenthalt beim „Umwelt-Seminar“ im Wert von 8.500 Schilling gewonnen werden kann. Und ein langgehegter Wunsch von Walek-Doby, nämlich ein Stipendium für die Ausbildung zum Tourismus-Experten, geht 1994 mit dem Studienbeginn im September in Erfüllung.

Mit der Begrüßung des eintausendsten AÖ-Jugendlichen im Sommer 1993 (im Zigeunerlager in Langau) ist eine Zahl erreicht, die unübersehbar dazu beigetragen hat, in menschlicher, kultureller, touristischer und wirtschaftlicher Hinsicht Kontakte zwischen Niederösterreich und den Auslandsösterreichern in aller Welt herzustellen.

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