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Soziale Fragen und Fragen der Wirtschaft

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Junger Arbeiter, wohin? Von Bischof Dr. Paul Rusch. Tyrolia-Verlag, Innsbruck. 200 Seiten. Preis 21 S.

Der Bischof von Tirol, selbst ein Spätberufener, dem die industrielle Arbeitswelt keine reine Kategorie, sondern erlebte Wirklichkeit ist, richtet als Bischof wie als Kenner der Materie ernste, aber ermutigende Worte an die jungen Arbeiter. Das Buch steht in einem gewissen Zusammenhang mit dem Werk von Bednarik („Der junge Arbeiter von heute"). Aber Bednarik, der Fabrik „entronnen", gibt keine Lösung, sondern bietet nur eine erschütternde, wenn auch etwas zu stark vereinfachende Analyse. Bischof Rusch aber gibt nicht nur die Diagnose, sondern auch die Therapie. Er weiß um die Not der jungen Menschen an den Maschinen, um die ökonomischen und sozialen Bedingungen, deren Kenntnis erst verstehen läßt, warum der junge Mensch im kurzfristigen Genuß ein Lebensziel sieht. Nichts wird beschönigt. Die Dinge werden, sie mögen noch so peinlich scheinen, beim Namen genannt. Dem Buch liegt auch ein pädagogisches Anliegen zugrunde. Es wäre umsonst geschrieben, ließe nicht der Verfasser die jungen Leser erkennen, daß er um die Realitäten weiß, um das, was hinter ihrem Verhalten, es provozierend, steht. Nichts von einem lauwarmen Predigerton, keine unnützen Umschreibungen. Und dann die ausgezeichneten Beispiele, die verständlich machen sollen, wenn einmal die abstrakte Darstellung (wo sie unvermeidbar ist) dem Leser das Verständnis zu verstellen droht.

Worum es dem bischöflichen Autor geht, ist, dem Jungarbeiter dieser Zeit seine Position in der Gesellschaft zu zeigen und ibn davor zu bewahren, sich und seinen Beruf aufzugeben. Es geht Bischof Rusch darum, daß der junge Mensch an der Maschine, wie etwa der Akademiker, sein Standesbewußtsein bekommt. Das aber setzt die Konstitution eines Berufs-, aber auch eines neuen Genußethos voraus, und die Konstitution eines neuen, artgemäßen Lebensstiles.

Das Buch muß allen erreichbaren jungen Werktätigen in die Hand gegeben werden. Blendend geschrieben, interessant, gegenwartskundig, braucht man um den Erfolg nicht bange zu sein. Für den Jugendführer und den Jugendseelsorger aber soll das Werk zum wesentlichen Werkzeug seiner Arbeit gehören.

Herders Sozialkatechismus. Zweiter Band: Der Aufbau der Gemeinschaftsordnung. Von Eberhard Welty. Verlag Herder, Freiburg. 396 Seiten. Preis 18.20 DM.

Auch der zweite Band des Sozialkatechismus trägt dem großen Verlangen Rechnung, die Fragen des Sozialen aus der Atmosphäre nur-wissenschaft- licher Diskussion und von der Höhe abstrakter Darstellungen herunterzuholen und einfach (auch) zum Gegenstand schulischen Unterrichtes zu machen.

Die Technik der Darstellung ist die gleiche geblieben wie im ersten Band. Zuerst wird jeweils eine Frage gestellt und hierauf in lapidaren Sätzen die Antwort erteilt. Nun folgt eine ausführliche Erläuterung mit gleichzeitigem Hinweis auf wichtige Belegstellen, etwa auf ein päpstliches Rundschreiben. Die Sprache läßt vom Standpunkt des Pädagogen keinen Wunsch offen. Das Buch ist daher auch zum Selbststudium gut verwendbar.

Im einzelnen beschäftigt sich der Autor mit dem Aufbau der Gemeinschaft. Beginnend mit der Ehe und der Familie als ersten gesellschaftlichen Wirklichkeiten wächst in der Darstellung die Gemeinschaft von unten nach oben. Bis hinauf zur Weltgemeinschaft. Auch schwierige Fragen wie jene der Steuermoral, der Rechtfertigung der politischen Parteien oder des gerechten Krieges werden ebenso vorgetragen wie die Probleme der Demokratie oder der Kriegsdienstverweigerung.

Der erste Abschnitt geht u. a. auf das Wesen der Familie ein, auf das Elternrecht und auf die Bevölkerungspolitik. Im zweiten Abschnitt wird die Ordnung der Gesellschaft zum Gegenstand der Betrachtung gemacht (berufsständische Ordnung als Leistungsgemeinschaft). Der dritte Abschnitt ist der staatlichen politischen Ordnung gewidmet (u. a. Staatsgewalt, Gesetzgebung, Kultur- und Wohlfahrtsstaat, Staatsformen). Den Abschluß bildet ein Kapitel über die Völker- und Staatengemeinschaft.

Da und dort könnte man in der Frage der sachlichen Darstellung anderer Meinung sein als der Verfasser. Bei der Fülle des gebotenen Stoffes und mit Rücksicht auf den wesentlichen Zweck des Werkes halte ich eine Diskussion über Ein- zelfragen für unnütz.

Das Buch ist für Volksbildner, Seelsorger und für alle unentbehrlich, denen an einer umfassenden Kenntnis der Elemente des Sozialen gelegen ist.

Ueberwindung des Totalitarismus. Von Otto Valentin. Hugo-Mayer-Verlag, Dornbirn 1952. Geb., 212 Seiten.

Der Verfasser geht davon aus, daß die freie Wirtschaft an sich die einzige Wirtschaftsform ist, welche die Wohlfahrt und zugleich die Freiheit zu sichern vermag. Ihr Widerpart ist aber beileibe nicht, wie man gemeiniglich stets annimmt, allein die zentralgelenkte staatliche Wirtschaft, sondern die Monopolwirtschaft privater Provenienz. Die („primären") Monopole stören die Harmonie der Wirtschaft und führen schließlich die Intervention von oben (die Bildung der staatlichen Monopole) herbei. Aus einem faktischen Totalitarismus (innerhalb der formell „freien" Wirtschaft) entsteht so der faktische und formale Totalitarismus, den es zu bekämpfen gilt, es sei wo und in welcher Form immer. Von freiheitlichen Postulaten geleitet, will der Verfasser die Gedankengänge der „sozialen Marktwirtschaft" verwirklichen helfen und lehnt daher jede Form der Begrenzung der freien Konkurrenz ab, auch wenn sie von jenen gefordert wird, die nach außen hin als ihre Repräsentanten auftreten. In seinen geldtheoretischen Ansichten vertritt der Verfasser Ansichten, wie sie Silvio Gesell in seiner Schwundgeldtheorie formuliert hat.

Probleme einer europäischen Agrarintegration. Von W. Abel, O. Howald, E. Lagler, H. J. Seraphim. Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1953. Brosch., 96 Seiten.

Die vorliegend Broschüre gibt Vorträge wieder, welche seinerzeit auf der Wirtschaftswissenschaftlichen Woche in Ischl gehalten wurden. Eine gesamteuropäische, als Ganzes konstituierte Wirtschaft ist nur möglich, wenn die europäischen Agrarmärkte ihrer durch Zollmauern und sonstige Behinderungen geschaffenen Talmisicherungen entledigt und zu großräumigen Kombinationen umorganisiert werden. Die vier Autoren, die zu den bedeutendsten Agrarwissenschaftern der deutschen Sprachwelt gehören, unternehmen es, ausg’ehend vom Faktum des europäischen Bauerntums (Seraphim), theoretische Vorarbeiten zu einer Integration der europäischen Agrarwirtschaften zu liefern. Abel stellt die räumliche Ordnung der europäischen Märkte dar. O. Howald gibt von der Position der schweizerischen und E. Lagler (Universität Wien) vom Standort der österreichischen Agrarwirtschaft Hinweise auf die Chancen und die Bedingungen, welche der Verwirklichung des einen europäischen Marktes vorgegeben sind.

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