6730971-1965_49_50.jpg
Digital In Arbeit

Kompaß für den rechten Weg

Werbung
Werbung
Werbung

Vor 20 Jahren vollzog sich in Osterreich ein Wunder. Die Österreicher waren sich nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches ihres Wertes, ihrer Eigenart, der Notwendigkeit einer selbständigen Existenz des Staates und seiner internationalen Funktion bewußt geworden. Die Diskussionen aus der Zeit der Ersten Republik, die ihre Ursachen in verschiedenartigen und gegensätzlichen Geschichtsbildern hatten, waren durch das Flammenmeer des zweiten Weltkrieges ausgebrannt und inhaltslos geworden. Österreich, noch in der Ersten Republik verleugnet, geschmäht und bespöttelt, war zu einem Faktum geworden, stand außerhalb jeder Diskussion.

Einer, der diese Tatsachen in Worte von bleibendem Wert zu fassen verstand, war Friedrich Funder. Er schrieb in der ersten Nummer der von ihm' gegründeten „Furche“: .„Österreich' — das Volk hat diese große Parole verstanden.“ — „Dieser Wahlgang und sein Ergebnis“, führte er in einem Kommentar nach den ersten Nationalratswahlen der Zweiten Republik weiter aus, „haben eine urösterreichische Note erhalten. Es geschah das nie Dagewesene, daß alle Parteien mit derselben Hauptparole auf die Walstatt zogen: sie hieß Österreich!“

So können wir also heute mit stolzer Befriedigung feststellen, daß der österreichische Staat im Bewußtsein der Bevölkerung zu einem allgemeinen, unbestrittenen Besitz geworden ist. Vergessen wir aber nicht, daß jeder Besitz gefährdet werden kann und immer neu erworben werden muß. Deshalb braucht es immer wieder der Rufer und Mahner, die in einer Stunde der Verblendung, des Auseinanderredens und einer Gefährdung des Gemeinsamen auf dieses Gemeinsame verweisen. Dieser Aufgabe hat „Die Furche“ durch zwei Dezennien von ihrer ersten Nummer bis heute treu gedient. Sie hat mitgewirkt, den inneren Frieden wiederherzustellen und zu sichern und der nachfolgenden Generation über die schweren Schicksalsprüfungen der Jahre zwischen 1918 und 1955 hinweg, den tiefen Sinn des Vaterlandes, seiner Geschichte und die Aufgaben seiner Zukunft zu vermitteln.

Ständige Diskussion und steter Hinweis auf die Werte der Demokratie sind Grundvoraussetzungen für die Konsolidierung und Weiterentwicklung eines Staatsbewußtseins.

Diese essentiellen Fragen der Staatspolitik und der Demokratie hat „Die Furche“ in den 20 Jahren ihres Bestandes über alles gestellt, indem sie sich unablässig mühte, die Normen des christlichen Naturrechtes und das Leitbild der christlichen Demokratie ihren Lesern nahezubringen. Wer in der Tagespolitik steht, wird in der Praxis gelegentlich Kompromisse schließen müssen; das gehört zu den Spielregeln der Demokratie! Sicher, daraus können sich auch Unstimmigkeiten und Spannungen ergeben; aber gerade der Politiker, der Grundsätze hat und vertreten will, wird für einen Kompaß dankbar sein, der den rechten Weg anzeigt.

Papst Paul VI. hat in seiner ersten Enzyklika die Notwendigkeit der Gesprächsbereitsohaft in der modernen pluralistischen Gesellschaft nachdrücklich hervorgehoben. „Die Furche“ hat überdies schon seit Funders Zeiten als Diskussionsorgan in diesem Sinn, selbst wenn es nicht allen verständlich schien, echte Toleranz geübt, indem sie auch Meinungen Raum gab, die sich von ihren eigenen unterschieden. Intolerant war „Die Furche“ nur in einem, wenn es um die Erhaltung und Entfaltung dessen ging, was der seinerzeitige Schüler und Mitarbeiter Friedrich Funders und jetzige Chefredakteur der „Furche“, Kurt Skalnik, einmal in einer trefflichen Formulierung ein „österreichisches Österreich“ nannte. In diesem Sinne „Glück auf“ ad multos annos!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung