Thema: gut leben
In Martin Luthers Großem Katechismus steht der schöne Satz: #Woran Du Dein Herz hängst und worauf Du Dich verlässt, das ist eigentlich Dein Gott.# Dieser Satz empfiehlt sich als kleine Verunsicherung für alle: Gläubigen nimmt er die Sicherheit, wirklich an jenen Gott zu glauben, an welchen zu glauben sie behaupten; Atheisten und Agnostikern aber kann er Zweifel und Skepsis einflößen, ob man der Gottesfrage wirklich so einfach und leicht entkommen kann.
Es gibt in jedes Menschen Leben das, woran man wirklich glaubt. Zu erkennen ist es am unverstelltesten an den Taten und Vollzügen des eigenen Lebens. Unser Glaube ist das, wonach wir leben, das, worauf wir wirklich in unseren Entscheidungen und Alltagshandlungen vertrauen, das, wovon unser Leben redet. Das ist es auch, was wir weitergeben, das ist unsere wirkliche religiöse Erziehung.
Wir verkünden einen Gott einfach dadurch, dass wir sind. Manchmal, so können Christen nur hoffen, ist es mit Gottes Hilfe vielleicht ja auch wirklich der Gott Jesu.
Geld und Ehrgeiz führen von ihm weg. Sie sind klassische Versuchungen. Versuchungen machen Versprechen, ohne sie halten zu können. Spätestens wenn Geld und Ehrgeiz zum letzten Entscheidungsmotiv werden, und das ist viel früher, als man selber glaubt, führen sie ins Verderben. Die christliche Spiritualität hat das immer gewusst, die christlichen Kirchen haben es nicht immer realisiert.
Seitdem der westliche Kapitalismus praktisch alternativlos die Weltszene beherrscht, breiten sich seine Steuerungsinstrumente Geld und Ehrgeiz endgültig ungehemmt aus, übrigens auch in der Wissenschaft, selbst in der Theologie: eine Kapitulation.
* Der Autor ist Pastoraltheologe an der Katholisch-Theologischen Fakultät Graz
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