Sanfter Kerl - © iStock/SewcreamStudio

Männerberatung: Ein sicherer Raum für sanfte Kerle

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Zu Romeo Bissuti kommen junge Männer, wenn sie Probleme mit Beziehungen, Arbeit oder Abhängigkeit haben – und das Schweigen nicht mehr ertragen. Ein Gespräch über die Gefahren und Freuden moderner Männlichkeit.

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Zu Romeo Bissuti kommen junge Männer, wenn sie Probleme mit Beziehungen, Arbeit oder Abhängigkeit haben – und das Schweigen nicht mehr ertragen. Ein Gespräch über die Gefahren und Freuden moderner Männlichkeit.

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Beziehungsängste, Suchtprobleme, Angststörungen: Am Männergesundheitszentrums MEN finden Männer und Burschen ein offenes Ohr. Knapp ein Viertel der Klienten ist zwischen 15 und 30 Jahre alt. Seit 2002 bietet die Beratungsstelle, angesiedelt an der Klinik Favoriten im zehnten Wiener Gemeindebezirk, einen geschützten Raum für sozial benachteiligte Männer diverser Alters- und Sprachgruppen. Romeo Bissuti, Psychotherapeut und Leiter des Zentrums, erlebt alle Facetten moderner Männlichkeit.

DIE FURCHE: Welche Sorgen haben junge Männer?

Romeo Bissuti: Zur Beratung kommen die Burschen oft wegen Beziehungs- und Liebesthemen. Die Soziologin Eva Illouz beschreibt, wie sich die Gefühlswelten im Kapitalismus verändert haben: Gefühle sind zur Ware geworden, Beziehungen zu Kaufhäusern. Manche Burschen haben Angst, dass sie nie eine Partnerin oder einen Partner finden werden. Die, die gemobbt wurden oder traumatische Erfahrungen gemacht haben, tun sich wahnsinnig schwer. Auf den Dating-Apps schaut alles so leicht aus, und dann bleibt es trotzdem schwer. Der Pornografie-Konsum kann auch sexuelle Unsicherheiten auslösen, weil man mit den gezeigten Leistungsvorstellungen in der Realität nicht mithalten kann.

DIE FURCHE: Und neben der Liebe?

Bissuti: Es gibt berufliche Herausforderungen, auch weil das echte Arbeitsleben anders ist, als die Medien einem vorgegaukelt haben. Bei jungen Menschen hat Work-Life-Balance einen höheren Stellenwert, und sie wollen sich selbst verwirklichen. Außerdem kommen Burschen mit Gewaltthemen oder Angststörungen, teilweise als Folge von Suchtproblemen.

DIE FURCHE: Was zeichnet Männer der Gen Z aus?

Bissuti: Das Internet und Smartphones spielen bei der Lebensbewältigung eine zentrale Rolle. Wobei nicht alle Jugendlichen den ganzen Tag vorm Handy hängen. Und das Internet ist nicht nur schlecht. Die junge Generation hat unfassbar viel Wissen über Gender-Themen, Umwelt, Politik, Geschichte. Ich bin oft sehr beeindruckt.

DIE FURCHE: Was bedeutet „Männlichkeit“ für junge Männer?

Bissuti: Ich beobachte teilweise eine rein rhetorische Modernisierung. In der Welt von Likes und Dislikes haben Burschen gelernt, sich als moderner Mann zu zeigen, wenn es darauf ankommt. Junge Männer brauchen aber auch geschützte Fehlerräume, die nicht von toxischer Männlichkeit dominiert werden, wie etwa diese ganze Manosphere oder Andrew Tate (siehe Infobox unten). Ein geschützter Raum darf kein sexistischer Raum sein, das ist ein großer Unterschied. Dort kann ich mit meinen Burschen – natürlich auch weiblichen Freundinnen – blödeln, rangeln, lustig sein. Und wenn ich zu weit gegangen bin, kann ich es wieder gut machen und aus der Erfahrung lernen, ohne dass ich sofort am öffentlichen Pranger stehe. Geschützte Räume braucht es übrigens auch für junge Menschen, die mit Genderidentitäten spielen und sich noch ausprobieren.

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