Solwodi - © Foto: iStock/ coldsnowstorm

Menschenhandel: Wenn der Mensch zur Ware wird

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Der Verein „Solwodi Österreich“ kämpft seit zehn Jahren gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Eine Klientin erzählt wie sie den Abgründen ihres Lebens entkam.

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Der Verein „Solwodi Österreich“ kämpft seit zehn Jahren gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Eine Klientin erzählt wie sie den Abgründen ihres Lebens entkam.

Ilona* steht mit Zigarette am U-Bahn-Ausgang. Sie wirkt quirlig, reicht sofort die Hand zum Gruß. Nichts an der Frau mit den dunklen, schulterlangen Haaren und dem dunklem Teint scheint ungewöhnlich. Wenig später sitzt sie in einem kleinen Besprechungsraum von „Solwodi Österreich“, füllt ihr Glas mit Wasser und beginnt zu erzählen.

Sie skizziert die Geschichte einer Frau Ende 30, deren ganzes bisheriges Leben von Vergewaltigung, Missbrauch und Zwangsprostitution geprägt war; die in die Kriminalität getrieben wurde, von Gefängnis bis Obdachlosigkeit alle Abgründe gesehen hat – und jetzt versucht, aus dem Teufelskreis der Abhängigkeiten auszubrechen, um das erste Mal ein normales, selbstbestimmtes Leben zu beginnen.

Aufgewachsen in Ungarn in einer Roma-Familie, verbringt Ilona den Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Heimen. Bereits als Kleinkind vom Vater sexuell missbraucht, wird sie als Zwölfjährige im Heim von jungen Männern vergewaltigt. Der Fall kommt vor Gericht. Was mit den Männern geschieht, weiß Ilona nicht. In ihrem Leben ändert sich dadurch aber nichts.

Vor dem Heim tummeln sich die Freier

Mit 14 wird sie schwanger. Nach der wiederholten Flucht aus dem Kinderheim kehrt sie hochschwanger zurück, bekommt eine Tochter, die nie bei ihr aufwachsen wird. Die Mutter, die sich schon um Ilona und ihre jüngere Schwester nicht gekümmert hat, wird offiziell Vormund und verlangt von der Tochter Geld. Das ist der Weg in die Abhängigkeit – zunächst von Drogen. Mit 18 dann die vermeintliche Erlösung: Ein Mann, den Ilona vor dem Kinderheim kennengelernt hat, umwirbt sie, verspricht ihr ein Leben ohne Sorge. Sie verliebt sich in den Freier – und wird nach Deutschland verkauft.

Nach vielen Umwegen kommt sie nach Wien, wo sie derzeit von „Solwodi“ betreut wird und in einer Schutzwohnung lebt.

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