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Lehren eines Sonntags

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Die FPÖ hat als eine ernst zu nehmende Partei im Lande unter der Enns zu bestehen aufgehört. Die noch von den jüngsten Landtagswahlen übriggebliebene Konkursmasse wurde bei den sonntägigen Gemeinderatswahlen versteigert und zwischen den beiden Großparteien aufgeteilt. Der Zug zum Zweiparteiensystem hat sich im Osten Österreichs noch verstärkt. Die SPÖ konnte die Olah-Krise — zumindest was die untere politische Ebene anbelangt — überwinden und nicht unbeträchtliche Stimmengewinne erzielen. Die ÖVP hat Erfolge und Rückschläge zu verzeichnen.

Der schöne Frühlingssonntag mag dazu beigetragen haben, daß die Wahlbeteiligung (rund 92 Prozent) nicht noch höher war. Von den gültigen Stimmen entfielen 51,59 Prozent auf die ÖVP (1960 51,35 Prozent), auf die SPÖ 42,55 (41,24), auf die FPÖ 0,80 (1,55), auf die KPÖ 2,11 (2,70), auf andere Parteien — das sind die verschiedenen Namenslisten — 2,43 Prozent (2,83.) Die Mandatsverteilung lautet demnach: ÖVP 14.524 (14.701), SPÖ 6749 (6740), FPÖ 42 (99), KPÖ 104 (139), andere Gruppen 662 (821).

Die Volkspartei konnte in Möd-ling und Mautern Bürgermeistersitze erobern und auch in Klosterneuburg, Allentsteig, Stockerau, Baden, Waidhofen an der Thaya, Tulln und Pöchlam bedeutende Erfolge erzielen. Gerade Tulln und Pöchlam sind ein Beispiel dafür, daß durch die Initiative junger ÖAAB-Funktionäre auch in traditionelle sozialistische Lager noch Breschen geschlagen werden können. Wenngleich die Valkspartei an Mandaten verlor, hat sie in den großen Industriezentren zumindest ihre Position halten können. Anderseits mußte die ÖVP zur Kenntnis nehmen, daß die Sozialisten in so mancher kleinen Landgemeinde — bisher seit je ÖVP-„Herzogtum“ — neue Stützpunkte aufbauten. Die ÖVPhat hier den Bevölkerungs- und Strukturverschiebungen nicht immer in gebührender Weise Rechnung getragen. So mancher Pendler hat seine politische Heimat verloren, weil er sich durch einen Bauern-bündler nicht mehr vertreten fühlt. Der Auf- oder Ausbau des ÖAAB in den Landgemeinden ist für die Volkspartei ein Gebot der Stunde, will sie nicht von den Sozialisten auf die rein „agrarische Front“ zurückgedrängt werden.

Die SPÖ hat ihren größten Sieg in Amstetten verbuchen können, wo sie von 16 auf 20 Mandate nachziehen konnte und damit den Bürgermeister gewann. Auch in den Statutar-städten Wr. Neustadt und St. Pölten — hier eroberte sie die absolute Mehrheit — konnte sie Mandatsgewinne erzielen.

Die Freiheitlichen, die nur ein Viertel der Stimmen erhielten, die sie bei den Landtagswahlen 1964 buchen konnten, haben offensdchtlich schon vor der Gemeinderatswahl kapituliert, denn sie haben diesmal in sechs politischen Bezirken überhaupt nicht kandidiert. In drei weiteren Bezirken gingen sie leer aus.

Deprimierend ist für die Freiheitlichen das schlechte Abschneiden im Viertel unterm Wienerwald, waren sie doch bei den jüngsten National-ratswahlen nicht sehr weit davon entfernt, das ersehnte Grundmandat zu erhalten. Die Pleite erreichte hier im Bezirk Mödling das größte Ausmaß, wo von zehn Gemeinderatssitzen nicht weniger als neun verlorengingen. Die Abfuhr ist aber auch im Waldviertel und in der Wachau nicht au übersehen — entgegen der Schönerer-Tradition.

Zwei Gründe werden für das Fiasko der Freiheitlichen vorgebracht: der Prestigeverlust, verursacht durch den tatsächlichen und angedichteten „Linksdrall“ (Zusammengehen der FPÖ mit den Sozialisten in der Habsburgfrage, „Kleine Koalition“) sowie durch die „Olah-Millionen“; und zum zweiten: das, Fehlen einer entsprechenden Organisation.

Im Vergleich zur FPÖ sind die Kommunisten im Lande unter der Enns noch eine echte Minderheit. Obwohl sie auch an Terrain verloren haben, sind sie stimmenmäßig noch rund zweieinhalbmal so stark wie die FPÖ. Ihre Stützpunkte befinden sich nach wie vor in den Industriezentren St. Pölten (vier Mandate) und Wr. Neustadt (drei Mandate).

Das regional sehr verschiedene Abschneiden der beiden großen Parteien hat im mehr oder weniger aktiven politischen Engagement des einzelnen Gemeindefunktionärs ihre Ursache — es genügt eben nicht, den direkten Draht mit den Wählern erst drei Wochen vor den Wahlen aufzunehmen. Leistung und Kontakt sind gerade in der Kommunalpolitik das Geheimnis des Erfolges.

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