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Ruhe in Griechenland?

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Während es vor einem Jahr Schlagzeilen über Griechenland gab und die Monarchie in Gefahr schien, hört man heute außerhalb dieses Landes nichts über politische Veränderungen. War die vorjährige Krise nur eine scheinbare? Dazu „WIMA“ (Schritt), die bekannte Athener Tageszeitung der Intellektuellen vom 17. August 1966: „Es besteht sowohl eine politische Krise, als auch eine solche der Regierung. Das weiß die Rechte (ERE), das wissen die Abtrünnigen (die von Papandreou abgefallenen Abgeordneten) und deren Zeitungen. Folglich bedient sich die Pseudoregierung der Dementis einzig und allein, um die Wirklichkeit in der allgemeinen Meinung zu bemänteln und den falschen Eindruck politischer Ruhe und Stabilität der Regierung zu geben.“

Der allzu junge König Konstantin tut sein möglichstes, um diesen Eindruck zu verstärken. Er erholt sich nun schon einige Wochen bis Mitte September auf Korfu. Er überläßt die Last des Regierens lieber seinen Ratgebern am Hof. Am 18. August unterbrach er allerdings für einen Tag seinen Urlaub, um mit Ministerpräsident Stefanopoulos in Athen zusammenzukommen. Von ihm ließ er sich in einer Audienz über die innen- und außenpolitische Lage berichten. Bevor er nach Korfu zurückflog. ließ er nur verlauten, die vorläufige Regierung sollte noch weiter im Amt bleiben. Er selbst werde die innenpolitische Situation noch genauer studieren und nach seiner endgültigen Rückkehr nach Athen Stellung beziehen. Sprachs und war wieder auf der wunderschönen Insel, von der die österreichische Kaiserin Elisabeth so begeistert war, daß sie dort ein Schloß für ihren Aufenthalt erbauen ließ.

Regierung unter Anführungszeichen

Stefanopoulos kann zufrieden sein; er bleibt weiter im Amt als Ministerpräsident einer Regierung, die von vielen Zeitungen nur unter Anführungszeichen genannt wird.

Das zentrale Thema des politischen Lebens in Griechenland sind die verfassungsmäßig stattzufindenden Neuwahlen. Aber den Startschuß dazu muß der König abgeben, und Titel in den Zeitungen, wie „Der König zögert!“, „Verzweifelter Kampf gegen die Wahlen!“, zeigen deutlich, was der König davon hält beziehungsweise was die Hofleute davon halten.

Die Anhänger des 84 jährigen Georgios Papandreou, die seine Partei zur Mehrheit geführt haben, fühlen sich betrogen. Denn seit König Konstantin durch kluge Schachzüge seiner Ratgeber den Ministerpräsidenten Papandreou aus dem Sattel gehoben hat, agiert ein Kabinett mit winziger Mehrheit vom Parlament gestützt. Aus der Mehrheit der Abgeordneten der EK (Zentrumsunion), deren Führer Papandreou ist, wurde eine Minderheit, indem Abgeordnete zum „Palast“ übergelaufen sind. Obwohl ihm aus verschiedenen Krei sen Empfehlungen zugegangen sind, die Unsicherheit zu beseitigen, gab sich König Konstantin in seinen Erklärungen sehr widerstrebend in bezug auf Neuwahlen. Verständlich, Wenn man bedenkt, daß das Ziel der EK darin besteht, die republikanische Demokratie durchzusetzen. Demgegenüber behauptet die jetzige Regierung, gestützt zum größten Teil auf die ERE, der nationalen,

königstreuen, rechtsstehenden Partei, die EK sei staatsgefährlich und gegen die Verfassung. Denn es bestehe die Demokratie, eben als „königliche Demokratie“. Daher ist es nicht verwunderlich, daß mit Sprechchören nach Demokratie gerufen wird. Es ist dann nicht immer leicht, festzustellen, wer die Rufer waren, Abgeordnete der EK, ERE oder der EDA (ikommunisitenfreund- lich). Einmal gab es eine noch nie dagewesene Einheit, als sich alle Sprechchöre im Ruf nach Demokratie vereinigten, allerdings gingen die Vorstellungen darüber auseinander ...

Als Ministerpräsident hat sich Papandreou die Sympathien der Massen erworben. Er machte das Studium kostenfrei und die Aufnahme an die Hochschule unabhängig von Protektion, Sein Kampf gegen die überhandnehmende Korruption ist zu einer großen Anklage gegen den Hof und seine Anhänger geworden. Karamanlis, der ehemalige Ministerpräsident und frühere Vorsitzende der ERE, weiß, warum er rechtzeitig nach Paris ins Exil gegangen ist. Viele seiner Anhänger wurden wegen Korruption vor Gericht gestellt und abgeurteilt. Dunkel sind auch die Kanäle, in die die amerikanischen Hilfsgelder geflossen sind.

Papandreou hat wenig Zeit

Jetzt hat der alternde Papandreou keine Zeit zu verlieren, will er noch- einmal an die Macht kommen. So fordert er mit seinen Anhängern sofortige Neuwahlen. Und die Regierung? Sie versucht, die Wahlen mit der interessanten Begründung hinauszuzögern, sie könne in einem solchen Fall nicht für die innere Ordnung garantieren, und hofft insgeheim, Papandreou möge zu diesem Zeitpunkt nicht mehr am Leben sein. Er weiß es und schürt das Feuer etwas stärker mit seiner großen Rednergabe...

Die Polizei hat mit regierungsfeindlichen Versammlungen alle Hände voll zu tun. Die Exekutive wiederum, unter Karamanlis aufgebaut, neigt sehr leicht dazu, Regierungsfeindlichkeit dem Kommunismus gleichzusetzen. Und gesetzlich

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