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Tanz um die Pfründen

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Noch ehe das italienische Parlament den Gesetzesentwurf zur Finanzierung der am 7. Juni neu zu bildenden Regionalverwaltungen gutgeheißen hat, ist der Kampf um die damit verbundenen neuen Ämter in vollem Gange. Offenbar wird die Annahme dieses Gesetzesentwurfs von Seiten der Koalitionspartner des linken Zentrums als Selbstverständlichkeit betrachtet und einer allfälligen Obstruktion der Rechtspartei, die sich von Anfang an gegen einen die Zentralgewalt schwächenden Regionalstab ausgesprochen hat, keine Beachtung geschenkt.

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Noch ehe das italienische Parlament den Gesetzesentwurf zur Finanzierung der am 7. Juni neu zu bildenden Regionalverwaltungen gutgeheißen hat, ist der Kampf um die damit verbundenen neuen Ämter in vollem Gange. Offenbar wird die Annahme dieses Gesetzesentwurfs von Seiten der Koalitionspartner des linken Zentrums als Selbstverständlichkeit betrachtet und einer allfälligen Obstruktion der Rechtspartei, die sich von Anfang an gegen einen die Zentralgewalt schwächenden Regionalstab ausgesprochen hat, keine Beachtung geschenkt.

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Da am 7. Juni nicht weniger als 7200 Posten in elf neuen Regionalverwaltungen vergeben werden, ist schon seit Wochen hinter den Kulissen, manchmal auch vor aller Welt, ein großes Tauziehen im Gange. Die KPI rechnet sich aus, binnen vier Wochen, im Verein mit Linkssozialisten und Sozialproletariern, alle Posten in den Regionen Emilia, Umbrien und Toscana zu besetzen. In den übrigen Regionen wird sich voraussichtlich die Koalition des linken Zentrums auch auf die Peripherie ausdehnen. Hüben und drüben des sogenannten roten Gürtels Mittelitaliens stimmen die Listenvorschläge der lokalen Notabein selten mit den Wünschen der in Rom stationierten Parteisekretariate überein.

Viel von sich reden macht in dieser Hinsicht der Fall Aosta: Da setzte sich die christlich-demokratische Ortsgruppe am Fuße des Monte Rosa über das römische Parteidiktat hinweg und stellte eine eigene Liste auf, die sich vor allem an Wähler der Linken wendet. Generalsekretär Forlani hatte seine Not, wenigstens Malagutti, eine Lokalgröße von Aosta, davon abzuhalten, sich als Kandidat der alten oder neuen Gruppierung den Wählern vorzustellen. Nach dem 7. Juni wird es dann seine Aufgabe sein, eine gemeinsame Basis für konservative und dissidente Christdemokraten zu finden, die es der Democrazia Cri-stiana gestattet, von Rom aus weiterhin die mehr oder minder treuen Anhänger zu dirigieren.

Am erbittertsten wird der Kampf um die fetten regionalen Pfründen wohl unter den Sozialisten geführt.

Seit der Spaltung der Sozialistischen Partei vom 5. Juli 1969 ist es das erste Mal, daß Links- und Rechtssozialisten getrennt vor einem großen Urnengang stehen und versuchen, möglichst viele der noch unschlüssigen Wähler der Gegenpartei abspenstig zu machen. Für die Sozialdemokraten, also für die Rechtssozialisten, ist es die Stunde der allgemeinen Abrechnung: Sie bezichtigen die Linkssozialisten der Doppelzüngigkeit: Im roten Gürtel marschieren Nennis Genossen mit den Kommunisten, in den übrigen Regionen mit den Parteien des Linken Zentrums. Diese opportunistische Politik der Linkssozialisten hat bekanntlich die Beilegung der langwierigen Regierungskrise vor zwei Monaten erheblich verzögert. Was in den sozialdemokratischen Augen einen Ausdruck der Widersprüchlichkeit darstellt, ist nach kommunistischer Einschätzung ein Zeichen der Fortschrittlichkeit. KPI-Führer Amendola beschloß die Schaffung sogenannter offener Regionen, das heißt von Links-Administrationen, die auch den fortschrittlichen (lies: links stehenden) Christdemokraten offenstehen. Als Nahziel verfolgt er die Bildung von Regionalverwaltungen, die sowohl von Kommunisten als auch Christdemokraten besetzt sind. Das Fernziel ist freilich die Aufnahme der KPI in die nationale Regierung. Nach dem Rezept „Wir Kommunisten öffnen euch Christdemokraten in Bologna die Türe, wenn ihr Christdemokraten uns Kommunisten in Rom die Pforten nicht verschließt“ soll nach Amendolas These von den offenen Regionen dies Zug-um-Zug-Geschäft zwischen den beiden größten Parteien Italiens — Democrazia Cristiana und KPI — abgeschlossen werden.

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