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Englischer Tee mit Donauwasser
Der ambitionierte junge Wiener Regisseur Fred Schaffer, der im vorigen Sommer das Städtchen Grein als neuen markanten Punkt auf der Landkarte der Sommerspiele einzeichnete, indem er ein erfrischendes „Glas Waaser“ servierte, lädt nun zu einer Viktorianischen Teestunde in dem reizenden Spielzeugtheater der Greiner Bürger, das seit langem als kultur- und lokal-historisches Kuriosum unter Denkmalschutz steht. Auf den Brettern, auf denen, wie ein alter Theaterzettel verrät, dereinst herzhafte dramatische Hausmannskost geboten wurde, siedelte Schaffer Oscar Wildes Gesellschaftskomödie „Ein idealer Gatte“ an.
Ein problematisches Unterfangen in so kleinem Rahmen. Ganz abgesehen davon, daß man für die Hauptrollen dieses, wie aller Wilde-Stücke, Florettfechter der Konversationskunst braucht, die sich all die Pointen, Paradoxa, nadelspitzen Bosheiten und aphoristischen Maximen eines patinierten Dandytums von Anno 1895 leicht und mit jener gewissen Trockenheit selbstherrlicher Inselbriten zuspielen, kann man des durch Bühnenbild und Kostüm deutlich profilierten Milieus nicht ent-raten. Mit bemalter Leinwand und zwangsläufigen Vereinfachungen ist es nicht getan. Der Londoner Salon, Lebensraum des snobistischen Iren mit der Nelke im Knopfloch und seiner Gestalten, muß in substantiellerer, stimmungsreicherer Form auf die Bühne gebracht werden, als es in dem Greiner Schmuckkästchen möglich ist.
Ambitioniert wie ihr Regisseur zeigten sich auch die Mitwirkenden, und so kam, wenn man von den erwähnten Handikaps absieht, eine unterhaltsame, saubere Aufführung zustande. Die Rolle Sir Robert Chil-terns, des Gentlemans mit dem dunklen Punkt in seiner Vergangenheit, ist Walter Richard Langer anvertraut. Die Charakterzeichnung des spröden, verhaltenen Engländers gelingt ihm besser als die sprachliche Nuancierung seiner Sentenzen. Hilde Günther, die Erpresserin Mrs. Che-veley, beherrscht als gerissene, gefährliche Intrigantin die Szene und hat in Johanna Lindinger als Lady Chiltern eine Gegenspielerin, der man die kultivierte, im wohlbehüteten Lebenskreis wirkende Dame und liebende Frau gerne glaubt. Tua Polier legt ihre Note mädchenhafter Munterkeit auf allzu häufiges Achselzucken und Näschenrümpfen fest. Sehr sicher und routiniert, läßt Hilde Gert in den Tiraden der schwatzhaften Lady Markby manchen Funken wienerischer Schlagfertigkeit durchblitzen. Eine
arge Fehlbesetzung, schon vom Typ her: Michael Gert als Lord Goring, in Erscheinung, Gestik und Mimik etwa ein Botschaftsattache aus einem mediterranen Land, niemals aber ein Dandy aus der High-Society, ein Beau Brummel des Geistes, der seinen Witz spielen läßt, weil man als wahrer Gentleman so etwas Auffälliges, ja „Triviales“ wie wahre Klugheit und Herzensbildung eben nicht offen zur Schau trägt. An dieser Paraderolle, in die der Autor so viel von seinem eigenen Wesen hineinlegte, spielt Michael Gert vordergründig und manieriert vorbei. Pech! Fritz Puchstein macht aus der Figur des Lord Caversham, eines griesgrämigen, launenhaften alten Tory, eine amüsante Studie, Peter Geiger mimt nach bewährtem Vorbild einen komisch-gravitätischen Bedienten, Wolfgang Quetes serviert voll Anstand Tee in kostbarem Service.
Lebhafter Schlußapplaus. Die Veranstalter mögen diesen Beifall nicht zuletzt als Ermunterung auffassen, bei der Stückauswahl für den nächsten Sommer mehr Bedacht auf die Eigenart und die Möglichkeiten des neuentdeckten „Hauses“ an der Donau zu nehmen. Von Grein bis in die Josefstadt ist halt doch ein weiter Weg. Gunther Martin
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