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Utrum libet!
EUROPA — GROSSMACHT ODER SCHLACHTFELD? Von Otto Habsburc Herold, Wien-München, 1D6S. 20* Seiten, S 88.-.
EUROPA — GROSSMACHT ODER SCHLACHTFELD? Von Otto Habsburc Herold, Wien-München, 1D6S. 20* Seiten, S 88.-.
Die Österreicher sind ein glückliches Volk. Sie setzen juristische Kuriosa in die Welt und ernten damit nicht etwa weltweite Heiterkeit; sie bekommen dadurch einen Journalisten, der in fünf Weltteilen zu Hause ist und ihnen daher über Europas heutige Verhältnisse ein Buch wie dieses vorlegen kann.
Es ist ein kompendiöses Buch — ein Buch, das auf zweihundert kleinen Seiten über Fragen wie die Föderation Europas, die Dekolonisa-tion, die Vermehrung der Hochschüler, den heutigen Krieg Wichtiges — über letztere Frage eigentlich Aufregendes! — in leicht lesbarer, einprägsamer Sprache meldet. Es versteht sich, daß der Eindruck entstehen kann, manchmal wäre die Knappheit des Ausdrucks denn doch zu weit gediehen. So heißt es auf Seite 113: „Der Materialismus hat mit logischer Konsequenz zu seinem politischen Ausdruck, dem Nationalismus geführt. Es ist sehr wahr, daß Staaten mit materialistischem Glaubensbekenntnis notwendig im Imperialismus — nämlich im kollektiven Egoismus — enden. Anderseits ist es der notorischen Belesenheit des Autors ja wohlbekannt, wie der materialistische Internationalismus die Tatsache polemisch sehr wohl zu verwerten weiß, daß die Väter des Chauvinismus Idealisten waren.(Robespierre, Victor Hugo, Mazzini, Fichte, Katkov, von geringeren Göttern zu schweigen.) Doch hat diese Konzision wahrscheinlich das Gute, daß der Leser denken soll und muß. Und es sind wahrlich schwerwiegende Fragen und — zumindest für den Durchschnittsleser — neuartige Beobachtungen, die das Buch füllen. Man beachte etwa die Ausführungen über Rotchina. Freilich, wenn es wahr ist, daß das rotchinesische Regime so tiefe Wurzeln, so gute Gründe seines Daseins hat, dann ist für die freie Welt die Frage um so schwieriger: Quid faciendum? Sie wird hier nicht besprochen. Vorschläge gibt es hier nur für Dinge, die dem freien Europäer hier und heute zugänglich sind. Es sind durchaus nicht nur Vorschläge der praktischen Politik, sondern auch solche, die jemand als erbaulichen moralischen Zuspruch abtun möchte. Und dennoch ist die Wichtigkeit der Geistesverfassung unverkennbar, wenn Europa mit seinen Nachbarn in Ost und West ein vernünftiges Wort reden will. Wie es ein kluger Jounalist ausdrückte, als anno 1938 das Hakenkreuz den Horizont Böhmens beschattete: „Nudeln ißt jeder — Nägel keiner! Und der Wahlspruch Rudolfs von Habsburg hieß: „Welches ihr wollt! — nämlich Krieg oder Frieden ...
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