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Ausstrahlung

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Zwei Jahre lang wurde in fast allen Medien in der Bundesre­publik die originelle These ver­treten, die Nachfolger von Franz Josef Strauß seien selbstver­ständlich nur ein farbloser Ab­klatsch des verstorbenen baye­rischen Originals und hätten weder ein eigenes Profil noch die für politische Führungs-Fi­guren notwendige starke Aus­strahlung. Was man halt auch in Österreich gern erzählt - über die ÖVP-Führung.

Von Max Streibl sagte man, er sei viel zu bieder und konser­vativ, kein großer Redner und kein witziger Polemiker wie Strauß. Von Theo Waigel hieß es, er sei zwar intelligent, flei­ßig und sympathisch, aber halt leider keine dynamische Kämp­fergestalt. Siehe ÖVP!

Nun haben aber Max Streibl und Theo Waigel bei der bayeri­schen Landtagswahl eine abso­lute Mehrheit eingefahren, wie man sie nicht einmal mehr dem alten Kämpfer Strauß zugetraut hätte. Jetzt sagen dieselben Auguren einfach, das sei nur der Bundestrend und der Kohl-Effekt gewesen. Aha.

Da kann man nur fragen: Wo waren denn Kohl-Effekt und Kanzler-Bonus in den letzten Jahren?

Was hätte man wohl über Franz Vranitzky gesagt, wenn er direkter Nachfolger von Bru­no Kreisky geworden wäre? Der Mann ist ja begabt, intelligent und auch durchaus tüchtig. Aber er ist einfach zu bürger­lich-bieder und politisch blaß, ein austauschbarer Spitzenma­nager ohne ideologisches Par­tei-Profil, ohne politischen Machtinstinkt. Als Nachfolger von Sinowatz hingegen wirkte er äußerst dynamisch und im Vergleich mit den Skandalge­nossen wurde Solidität zur Vertrauensmarke.

Was lernen wir aus dem al­len? Doch wohl am ehesten, daß man die starke Ausstrahlung nicht einfach von Haus aus hat oder nicht, daß man sie weder von einem Designstudio ange­paßt noch vom Zuckerbäcker hingebacken kriegt. Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg und nichts so sexy an einem Mann als die Macht.

In der bayerischen CSU wa­ren viele nicht recht überieugt von der neuen Doppelführung Waigel-Streibl. Aber die Partei hat solidarisch die Reihen dicht gemacht und ist mit den beiden in den Kampf gezogen, ohne sie ständig in Frage zu stellen. Die SPÖ hatte gar keine andere Wahl als sich um ihr letztes Aufgebot unter Fähnleinführer Vranitzky zum Überleben zu­sammenzuscharen.

Die ÖVP dagegen hat noch allen Bundesobmännern die Macht in der Partei verweigert und den einen über die Bünde, den anderen über die Landes­verbände jede Woche um fünf Zentimeter kleiner gemacht. Nach jeder Niederlage hat man ihn dann weder vorbehaltlos gestützt noch schnell ausge­tauscht, sondern ganz langsam ausbluten lassen.

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