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ÖVP und CSU
Die Österreichische Volkspar- tei schaut wohl wieder in ähn- lich neidvoller Bewunderung auf die erfolgreiche CSU nach Bayern wie die bayerischen Sozialdemokraten auf die so- zialistischen Wunderknaben in Österreich.
Solange ich in Wien war, habe ich als Erklärung für ÖVP-Nie- derlagen gehört, ohne den „Aus- nahmepolitiker" Bruno Kreis- ky werde die Übermacht der Sozialisten dahinschmelzen und die Ö VP wieder gleiche Ge- winnchancen haben.
Solange ich in Bayern war, habe ich als Erklärung für die SPD-Niederlagen gehört, ohne den „Ausnahmepolitiker" Franz Josef Strauß werde die absolute Mehrheit der CSU dahinschmelzen und die SPD wieder siegen.
Nun sind beide großen „ Welt- politiker" tot, gewonnen hat kein neuer „Ausnahmepoliti- ker" und geändert hat sich im Prinzip nichts. Angesichts der Skandale und Prozesse, in die führende Sozialisten verwickelt waren oder sind, müßte die SPÖ von Rechts wegen politisch tot sein. Da ist ihr Wahlergebnis fast eine absolute Mehrheit.
Wo wären wohl die Herren Vranitzky, Lacina und andere jüngere SPÖ-Politiker heute, wenn sie noch im Schatten der „großen alten Männer" wie Sinowatz, Gratz, Blecha, An- drosch, Sekanina und ähnlicher Gestalten stünden? Diese hät- ten doch aus Altersgründen noch längst nicht aufgehört!
Was lernen wir daraus? Braucht die ÖVP mehr Skan- dale und Korruptions-Affären, damit sie ihre verbrauchten Oldtimer los wird?
Oder die ÖVP muß einmal radikal ausmisten und ein Dut- zend alte Kämpfer, deren Pul- ver schon seit mehr als zehn Jahren naß ist, zu den Vetera- nen abkommandieren. Aber die Parteiorganisation jedes Bun- deslandes kämpft noch um ihre tauben Nüssen, weil an ihnen nicht nur der Sessel, sondern auch das Landesprestige klebt.
So verhindern sämtliche Hier- archen und Honoratioren von einer Wahl zur anderen, daß neue Leute mit neuen Ideen jemals nach vorne kommen, be- vor sie politisch impotent sind. Max Streibl und Theo Waigel haben jetzt die schwierige Auf- gabe, mit der Kraß und Autori- tät eines überzeugenden Wäh- lervotums, die sesselklebrigen Bezirksbonzen trotz ihrer frü- heren Verdienste und gegen den beflissenen Protest ihrer Be- zirksverbände aus dem Kabi- nett in den Ruhestand zu schik- ken, um auch die Wahl in vier Jahren gewinnen zu können.
Solange eine Partei wie die ÖVP oder die bayerische SPD keinen klaren Kurs und keine harten Konflikte riskiert, son- dern es jedem rechtmachen will, verdirbt sie es sich mit allen.
So groß sind doch die Unter- schiede zwischen Bayern und Österreich in der Politik gar nicht. Es ist nur manches sei- tenverkehrt.
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