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Böse wie Dr. No...

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Louis Armand hat, als die Interkontinentalrakete erfunden wurde, den Satz geprägt: „Ein großes, welterschütterndes Ereignis, denn von nun an kann jedermann zu jeder Zeit und an jedem Ort getötet werden.“ Das Wesentliche an der Aussage des französischen Denkers war die Feststellung, daß ein geschichtsbildendes Element, nämlich der Raum, weitgehend seine Bedeutung eingebüßt hatte, eine Feststellung, die allerdings auch jenseits des menschlichen'Zerstörungspotentials gilt. Diese Tatsache beeinflußt insbesondere die Wirtschaftspolitik, in der die Arbeitseinteilung heute weltweite Proportionen annimmt. Konnte noch Hitler für sein Drittes Reich die Autarkie anstreben, so ist ene solche in unseren Tagen, also wenige Jahrzehnte später, nicht einmal mehr für Kontinente denkbar.

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Louis Armand hat, als die Interkontinentalrakete erfunden wurde, den Satz geprägt: „Ein großes, welterschütterndes Ereignis, denn von nun an kann jedermann zu jeder Zeit und an jedem Ort getötet werden.“ Das Wesentliche an der Aussage des französischen Denkers war die Feststellung, daß ein geschichtsbildendes Element, nämlich der Raum, weitgehend seine Bedeutung eingebüßt hatte, eine Feststellung, die allerdings auch jenseits des menschlichen'Zerstörungspotentials gilt. Diese Tatsache beeinflußt insbesondere die Wirtschaftspolitik, in der die Arbeitseinteilung heute weltweite Proportionen annimmt. Konnte noch Hitler für sein Drittes Reich die Autarkie anstreben, so ist ene solche in unseren Tagen, also wenige Jahrzehnte später, nicht einmal mehr für Kontinente denkbar.

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Die neue Dimension wirkt sich auch in der Politik aus. Das gilt nicht nur für das Gebot großer staatlicher Zusammenschlüsse, wie etwa die Einigung Europas, sondern ebenso für die Sammlung und Verteilung von Nachrichten. Diese beeinflussen nämlich das Leben des einzelnen viel mehr als früher, da uns heute nichts mehr, was auf dieser Welt geschieht, gleichgültig lassen kann. Es trifft auch auf das Element Zeit zu, da wir auf dem Bildschirm Ereignisse miterleben können, von denen man früher erst nach Wochen oder Monaten erfahren hat.

Diese Entwicklung entspricht dem technischen Fortschritt der Nachrichtenübermittlung. Diesbezüglich hat schon vor einem •Vierteljahrhundert Felix Somary den wahren, aber im ersten Augenblick paradox klingenden Satz geprägt: ..„Je besser die Mittel der Nachrichtenübertragung werden, desto schwerer wird es sein, die Wahrheit zu erfahren.“ Diese für unsere Zeit sehr bedeutende Feststellung gilt in erhöhtem Maße für' die zwei großen Medien, für Rundfunk und Fernsehen.

Der technische Fortschritt zeitigt schon jetzt eine fühlbare Folge: die ungeheuren Kosten haben zu einer Konzenration der Agenturen geführt, die wiederum ein Monopol j der beiden Supermächte, Amerika und Rußland, geschaffen hat. Kleinere europäische Nachrichtenagenturen bestehen zwar, sie übernehmen^ aber die Masse ihrer Informationen von den beiden Großen. Das hat zur

Folge, daß man nichts mehr erfahren kann, was den Supermächten wirklich unangenehm ist. Solange sie im Konkurrenzkampf stehen, gibt es noch einander widersprechende Aussagen und die Möglichkeit der Auswahl; verständigen sie sich aber, so kann man nichts mehr erfahren, was sie beide verschweigen wollen. Ein bezeichnendes Beispiel hiefür war, was sich in der Schlußphase des Vietnamkrieges, in der Zeit etwa zwischen Dezember 1974 und April 1975 abgespielt hat. Da es den Amerikanern nicht paßte, daß man in der Welt erfahre, wie ihr Kongreß dem eigenen Verbündeten .in den Rücken fiel, und da die Russen nicht wünschten, daß man um das Ausmaß ihrer Intervention auf Seiten Nordvietnams wisse, wurden übereinstimmende Versionen ausgestrahlt, die mit der tatsächlichen Situation überhaupt nichts mehr zu tun hatten.

Zu diesem Monopol der Supermächte kommt die weitverbreitete politische Einseitigkeit der großen Medien. Es ist eine unleugbare Tatsache, daß die äußerste Linke ein inneres Verhältnis zu Rundfunk und Fernsehen hat, das den Elementen der Mitte oder der Rechten abgeht. Man erinnere sich an die Äußerungen des Bundeskanzlers Raab zum Fernsehen. Teilweise dürfte dieser Mangel darauf zurückzuführen sein, daß der Durchschnittsbürger in sogenannte bürgerliche Berufe geht, also in die Wirtschaft oder in die Verwaltung. Was von der Norm abweicht, sucht andere Wege, politisch wie beruflich. Dazu kommt, daß totalitär veranlagte Menschen immer aktiver sind als jene, die von Natur aus liberal oder demokratisch gesinnt sind. Das war so in den Zeiten des Nationalsozialismus und gilt gleichermaßen heute für den Kommunismus und seine linken Abarten. Beide Totalitardsmen sprechen in der Regel etwa den gleichen Menschentyp an. Dieser kompensiert die Ablehnung, auf die er in der Regel stößt, durch ein arrogant-elitäres Denken, gleichzeitig aber auch paradoxerweise durch besonderen Konformismus gegenüber dem angeblichen Zeitgeist, oder, nach einem

Fortsetzung auf Seite 18

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