Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Die Notsignale verpaßt
Demokratische Reife und Konsensfähigkeit zwischen Menschen und Nationen sind Grundvoraussetzung zur Bewältigung jener großen Herausforderungen, vor denen die Menschheit an der Wende zu einem neuen Jahrtausend steht. Es gilt, Umweltkrisen zu vermeiden, den Hunger in der Welt wirksam zu bekämpfen und
die sich verbreitende Armut zu beseitigen.
Diese Weltsituation fordert auch die Kirche, insbesondere die römisch-katholische. Eines der eindrucksvollsten Dokumente der letzten Zeit, der Hirtenbrief der katholischen Bischöfe der USA: „Wirtschaftliche Gerechtigkeit für alle“, setzt da Zeichen, gibt Hoffnung. Noch nie hat sich ein Teil der katholischen Kirche so offen und mutig geäußert. Alle Mitglieder der Gesellschaft haben, stellen die amerikanischen Bischöfe fest, eine besondere Ver-
pflichtung gegenüber den Armen und den Ausgelieferten. Wirtschaftliche Entscheidungen und die Arbeit von Institutionen müßten danach beurteilt werden, ob sie die Würde des Menschen schützen oder verletzen. Menschenwürde kann aber nur in humanen Gemeinschaften verwirklicht werden, Menschenrechte sind die Mindestvoraussetzung für das Leben in der Gemeinschaft. Die Gesamtgesellschaft, die durch öffentliche und private Einrichtungen wirkt, hat die moralische Verpflichtung, Menschenwürde zu fördern und Menschenrechte zu schützen.
Dies sind wesentliche Aussagen in diesem umfangreichen Text der US-Bischöfe, deren Hirtenbrief aufrüttelt, mahnt und konkrete Vorschläge präsentiert. Der sich in Diskussion befindende Sozialhirtenbrief der katholischen Kirche Österreichs „Sinnvoll Arbeiten - Solidarisch leben“ genügt diesen Ansprüchen nicht.
Kirchenpolitische Äußerungen sollten sich nicht an wohlformulierten und wohlgefälligen Gemeinplätzen orientieren. Im Kapitel „Arbeitslosigkeit“ und
„Landwirtschaft“, um nur zwei zu nennen, beschränken sich die katholischen Würdenträger auf allgemeine Kritik und Feststellungen. Es wird zum Beispiel dargelegt, daß Massenarbeitslosigkeit destabilisiert, die Kosten für den Sicherheitsapparat ansteigen imd damit die Gefahr eines Polizeistaates heraufbeschworen würde. Die Landwirtschaft wird heute weithin zum Rohstofflieferanten degradiert und sei von mächtigen Interessen abhängig. Moderne Bewirtschaftungsmethoden widersprächen der bäuerlichen Tradition, heißt es lapidar und in dieser Form auch nicht richtig. Hingegen läßt der Entwurf des Sozialhirtenbriefes etwa die Forderung nach einer Umweltethik der Kirche oder Elemente für ein Lebensrecht der Schöpfung weitgehend vermissen.
Die Kirche hatte und hat einen großen Einfluß auf die Gewissensbildung und besitzt ein durch Jahrhunderte bewährtes Bildungssystem. Dieses Potential könnte wirksam genutzt werden!
Der Autor ist Leiter der agrarpolitischen Abteilung im Landwirtschaftsministerium.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!