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Souveränität durch Notstandsgesetz

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Was sind nun die Argumente? lines kennen wir schon. Bei der Abeisung des Besatzungsstatuts durch len Deutschlandvertrag wurde in Artikel 5 Absatz 2 folgende Bestim- nung aufigenommen:

„Die von den Drei Mächten bisher nnegehabten oder ausgeübten lechte in bezug auf den Schutz der Sicherheit von in der Bundesrepublik stationierten Streitkräften, die :eitweilig von den Drei Mächten bei- oehalten werden, erlöschen, sobald iie zuständigen deutschen Behörden entsprechende Vollmachten durch die deutsche Gesetzgebung erhalten haben und dadurch instandgesetzt sind, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit dieser Streitkräfte zu treffen, einschließlich der Fähigkeit, einer ernstlichen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu begegnen.“

Eine Ablösung dieser Rechte müßte durch eine deutsche Notstandsgesetzgebung erfolgen. Das zweite Argument ist ein Hinweis auf ähnliche in anderen demokratischen

Ländern existierende Gesetze. Die Demokratie in Deutschland würde nach Ansicht der Befürworter nicht geschützt sein, auch Deutschland in seiner exponierten Lage wehrlos sowohl inneren wie äußeren Gefahren ausgeliefert sein, wenn nicht eine eindeutige Regelung vorher getroffen wäre. Nach dieser Argumentation würde Deutschland erst mit einer Notstandsgesetzgebung seine volle Souveränität erlangen.

Das sind starke Argumente, denen von der Gegenseite grob gesprochen vier Bedenken entgegengehalten werden. Einmal würden die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Gesetze noch in Friedenszeiten und bei Gefahr in Verzug die Ausschaltung aller demokratischen Kräfte und damit die Errichtung einer Diktatur ermöglichen. Zum zweiten würden die Gesetze einer Militarisierung des öffentlichen Lebens Vorschub leisten, die sich außenpolitisch höchst gefährlich auswirken könnte. Zum dritten hätte das Ende der Weimarer Republik und der Gebrauch des in der Weimarer Verfassung enthaltenen Notstandsartikels 48 eindeutig die Gefahren aufgezeigt, die ein derartiger Artikel für die demokratische Ordnung haben könne. Zum vierten aber sei die Argumentation der Befürworter der Gesetze so beschaffen, daß sie den Verdacht nur bestärkten, hier werde mit falschen Argumenten gearbeitet, um eine legale Verfassungsänderung möglich zu machen, wobei der Appell der Professoren diese Gefahr eindeutig in der von Bundeskanzler Erhard propagierten „Formierten Gesellschaft“ sieht, die zwar nur in Umrissen bekannt ist, deren Konstruktion jedoch schon jetzt erkennen ließe, daß sie sich nicht mit der im Grundgesetz verankerten freiheitlichen Ordnung vereinbaren lasse.

Das sind ebenso harte Argumente, die zeigen, wie weit im Grundsätzlichen heute die Debatte angelangt und festgezogen ist. Während in der Öffentlichkeit der etwas problematische’ Hinweis auf den Artikel 48 für den Grund gehalten wird, der die Haltung der Opposition bestimme, werden die anderen Gründe deshalb kaum diskutiert, weil sie detaillierte Kenntnisse voraussetzen. Inzwischen ist nicht nur die Haltung der SPD, sondern auch die der Gewerkschaft Bau, Steine, Erde wankend geworden, deren Vorsitzender Leber schon in Berlin gegen eine grundsätzliche Ablehnung war und dessen Gewerkschaft nun auf ihrem Kongreß eine Beteiligung an den Beratungen beschlossen hat. Damit ist die Front der Gegner weiter aufgeweicht, die nicht gegen einzelne Formulierungen Bedenken haben, sondern eine Notstandsgesetzgebung prinzipiell ablehnen. Diese Haltung wird am deutlichsten bei Betrachtung der Einwände, die gegen die Argumentation der Befürworter vorgebracht werden.

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