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Und dazwischen Zwischenrume
Die Problematik des Dazwischen-stehens. Von Editha Maria Gross-mann. Ernst Reinhardt Verlag, München—Basel. DM 18.—.
Die Autorin behandelt in ihrem Buch ein äußerst wichtiges indivi-dual- und sozialpsychologisches Problem. Denn Personen, besonders in ethnischen, religiösen und rassischen Mischzonen, geraten leicht zwischen zwei Parteien, zwei „Lager“ und werden dadurch vor ein grundlegendes Problem gestellt: In einer gewissen Weise wird jeder Mensch, der Vater und Mutter hat, „dazwischen“ gestellt. Denn sie sind sich beide nie völlig gleich, es bestehen zwischen ihnen immer Unterschiede charakterlicher Art. Aber es ist darüber hinaus möglich, daß beide auch Vertreter zweier sozialer Gruppen darstellen. Dann bekommt die Spannung einen sozialen Akent und vermag politisch relevant zu werden.
Grossmann behandelt nun sehr gründlich verschiedene Arten von Zwischenpositionen an Hand verschiedenen Materials, also mit einem ausgesprochenen Methodenpluralismus. Sie geht von Untersuchungen einzelner Personen aus, wie sie im Rahmen politisch-psychologischer • Untersuchungen angestellt würden, aber auch von Dichtungen, in deren Rahmen zwischenpositionelle Probleme auftauchen.
Im ganzen darf die Arbeit als sehr gründlich gelten. Nationale, rassische, religiöse, sozialpositionelle Zwischenpositionen werden behandelt.
Es werden dann auch die verschiedenen Möglichkeiten der inneren Bewältigung, bzw. der inneren Bewältigungsversuche besprochen.
Die gefährliche pathologische Lösung, die man in vielen Grenzländern, etwa bei den sogenannten Sudetendeutschen findet, ist die der absoluten Identifikation mit einer Seite und der Kampf gegen die andere. Diese Menschen haben häufig etwas Absurdes, heißen sie doch z. B. Borodaijkewitsch und sind Deutschnationale oder noch Schlimmeres. Sie wollen in sich die andere Seite nicht anerkennen, lehnen sie ab und verfolgen dann außerhalb ihrer selbst die Repräsentanten des verdrängten Eigenen, etwa die des Slawischen. So gibt es dann Slawenhasser mit slawischen Namen, ungarische Nationalisten mit deutschen Namen usw. Die wirklich positive und normale Lösung ist eine schöpferisch-humane. Es wird eine innere Brücke, eine Synthese gebaut, die beide Seiten miteinander versöhnt. Solche Personen können auch als Friedensstifter auftreten Sie können Brük-ken bauen im Rahmen der Gesellschaft und damit die Lösung des Konfliktes im eigenen Innern fruchtbar machen für die Lösung des Konfliktes in der Sozietät. Gerade diese politisch relevanten Aspekte machen das Buch weit über die fachpsychologisch interessierten Kreise hinaus bedeutsam. Es hat auch sozialhygienische Bedeutung, weil es immanent rassische, religiöse und sonstige Intoleranz bekämpft bzw. in tieferer Weise verständlich und damit bekämpfbar macht.
Daher wäre es richtig, wenn möglichst viele an der positiven Entwicklung der Gesellschaft Interessierte — besonders Christen — dieses Buch studieren würden.
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