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Dilemma Zentralamerika

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Semantische Verwirrung

Die Kommunisten betreiben semantische Verwirrung durch eine systematisch perverse Verwendung der Sprache. Indem sie das Machtlose „autonom", das Einheitsstaatliche „föderativ", das Autokratische „demokratisch", das Schismatische „vereinigt", das durch Terror Aufgezwungene „Volks"-so-und-so und das zum Krieg Führende „friedlich" nennen, systematisch also die Sprache zur Vernebelung

der Wirklichkeit degradieren, haben sie sich in unser politisches Realitätsbewußtsein gedrängt...

Diese hier erörterten Schwierigkeiten kennzeichnen die Probleme des Westens bei dem Versuch, mit der kühnen und geschickten Herausforderung durch die Sowjets zurechtzukommen. Nicht nur appellieren die Sowjets an unsere Wertvorstellungen und kleiden ihre Aggressionsakte in die Symbole einer Befreiung — sie versuchen auch, uns zu lähmen, indem sie Situationen schaffen, in denen wir aus Achtung vor einem unserer Grundwerte — sagen wir: Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer — eigentlich passiv zusehen müßten, während nun wieder ein kleines, relativ hilfloses Volk der marxistisch-leninistischen Diktatur erliegt und dem

Sowjetimperium eingegliedert wird.

Das Imperium wächst, weil die Kommunisten Ressourcen und Personen aus dem Ostblock zur Beeinflussung einheimischer Rivalitäten in Länder der Dritten Welt transferieren. Beispiele sind die kubanische Rolle in Nikaraguas und El Salvadors „nationalen Befreiungskriegen", Libyens Rolle in Tschad, die sowjetisch-syrischet Rolle in Libanon.

Da die Regierungen von Drittweltländern oft relativ schwach und die ihnen verfügbaren Ressourcen sehr begrenzt sind, sind sie der Destabilisierung extrem stark ausgeliefert.

Man kennt nun das Szenarium schon: Man nehme sich eine schwache Regierung vor, organisiere eine „nationale Befreiungsfront", ziehe eine terroristische Kampagne zur Störung der Ordnung, zum Provozieren von Unterdrückung und zur Schwächung einer schon schwachen Wirtschaft auf. Dann intensiviere man die Gewaltanwendung. Unter solchen Einflüssen werden die klapprigen Institutionen von Drittweltländern oft genug zusammenbrechen.

Die geschickte Verwendung „fünfter Kolonnen" ermöglicht es den Sowjets, Putsche und Bürgerkriege unter dem Deckmantel einheimischer Politik zu inszenieren. Wir im Westen stehen vor der schrecklichen Schwierigkeit, in einen, wie es in solchen Fällen dann immer heißt, „internen" Konflikt von außen einzugreifen.

Auszug aus einem langen Interview im Novemberheft 1983 der britischen Monatszeitschrift Encounter".

Nikaragua wird wählen

Uber tausend Bewohner unseres Landes, darunter rund 50 Lehrer, kamen durch die vom amerikanischen Geheimdienst CIA finanzierte, von außen nach

Nikaragua hineingetragene Aggression schon ums Leben. Der Kriegszustand macht uns die Abhaltung freier Wahlen schwer.

Wir werden uns aber nicht davon abbringen lassen, am 4. No-

vember 1984 die ersten freien Wahlen Nikaraguas abzuhalten. (Unter Somoza war der Ausgang immer schon im voraus bekannt.)

Gewählt werden ein Präsident, ein Vizepräsident und 90 Delegierte einer verfassunggebenden Versammlung, die nach zwei Jahren für weitere vier Jahre die gesetzgebende Versammlung bilden.

Das eben beschlossene Wahlgesetz hat auch noch einige Einwände von Parteien, die sich an der Wahlvorbereitung nicht beteiligt haben, berücksichtigt. So haben wir das Erfordernis der Ortsansässigkeit für Präsidentschaftskandidaten ab Jänner 1984 gestrichen. Nicht gewählt werden können Angehörige des Klerus oder Militärs oder Politiker, die offen die Rückkehr zum Somozis-mus wünschen oder ausländisches Geld für solche Aktivitäten annehmen. Durchaus vereinbar mit diesen Bestimmungen wäre aber z. B. eine Kandidatur (des früheren, heute in den USA lebenden Junta-Mitglieds) Arturo Cruz.

Jede Partei, die Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten nominiert, wird eine staatliche Wahlkampfhilfe von sechs Millionen Cordo-bas, jede nur für die Versammlung kandidierende Partei viereinhalb Millionen Cordobas erhalten.

Jede Partei bekommt gleiche kostenlose Werbezeiten im staatlichen Fernsehen (insgesamt täglich 15 Minuten) und im staatlichen Hörfunk (30 Minuten).

Daneben kann Werbezeit dazu-gemietet werden. Auch gibt es neben staatlichen Sendern 30 weitere private Radiosender. Jede Partei kann aus dem In- und Ausland Spenden annehmen; letztere müssen lediglich der Nationalbank angezeigt werden.

Wir setzen weiterhin auf eine friedliche Lösung der Probleme der zentralamerikanischen Region und haben der Contadora-Gruppe konkrete Vorschläge unterbreitet, darunter solche für den Abzug aller ausländischen Militärberater aus Zentralamerika. In Nikaragua sind nur 200 kubanische stationiert. (Der Kissinger-Bericht spricht von „mindestens 2000" sowie von Ostblockagenten, Libyern und PLO-Experten. D. Red.)

Zusammenfassung einer Pressekonferenz vom 23. Jänner 1984 in Wien.

Die UN-Botschafterin der USA, Jeane Kirkpatrick, Chefideologin der Washingtoner Außenpolitik, machte in Wien Furore: durch herben Charme und ideologische Unnachgiebigkeit.Ihre Weltsicht, perfekt auch auf Nikaragua anwendbar, ist dem folgenden Interviewauszug klar zu entnehmen.

Für den Unterrichtsminister von Nikaragua, ein gläubiger Christ unter gläubigen Marodsten in der Sandini-stenfront FSLN, sieht die Situation anders aus. Wir lassen beide zu Wort kommen.

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