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Eine endlose Geschichte ?

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FURCHE: Wann wird das Donaukraftwerk Freudenau endgültig ausdiskutiert sein?

HANSJÖRG TENGG: Ein Kraftwerksprojekt innerhalb einer Großstadt wie Wien wirft naturgemäß etliche technische und psychologisch-politische Probleme auf. Technisch gesehen, können aber die Streitpunkte als gelöst betrachtet werden. So zum Beispiel die Frage nach der Beeinträchtigung des Wiener Grundwassers. Es hieß beispielsweise, die Holzpfahlgründungen des 20. Bezirkes werden beschädigt Wenn der Grundwasserspiegel sinkt, lautete die Befürchtung, werden die Holzpfähle austrocknen und vermorschen. Steigt der Grundwasserspiegel, wird das Holz ebenfalls naß und vermorscht. Beides stimmt aber wirklich nicht. Tatsache ist, daß wir durch technische Maßnahmen sicherstellen können, daß der Grundwasserspiegel so bleibt, wie er heute ist.

FURCHE: Die Anrainer sind berechtigt, mitzureden. Rechnen ßie mit großem Widerstand?

TENGG: Wir beantragen die wasserrechtliche Bewilligung eines Kraftwerksprojektes bei der Obersten Wasserrechtsbehörde im Landwirtschaftsministerium. Dabei müssen auch alle betroffenen Grundstückseigentümer mittels Grundbuch nominiert werden, weil sie gesetzlich befugt sind, mitzureden. Im Normalfall ist es uns immer gelungen, mit den Anrainern problemlos zu verhandeln. Wir denken, es wird uns auch diesmal gelingen. Beim Projekt Freudenau gibt es rund 44.000 persönlich Betroffene, deren Fragen sich wahrscheinlich zum Großteil auf Standard-Probleme reduzieren werden, nämlich auf die Grundwasserauswirkung. Wie bereits erwähnt, können wir diese Bedenken entkräften, weil wir technisch in der Lage sind, negative Auswirkungen zu steuern.

FURCHE: Wo spießt sich das Verfahren derzeit?

TENGG: Beim wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren wird zuerst das generelle Kraftwerksprojekt eingereicht. Das geschah am 28. Oktober 1988. Dann folgen die Detailprojekte, die die zuständige Behörde sichtet und bewertet. Weiters wird in der nächsten Zeit eine Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht, von der wir hoffen, daß sie mit einem positiven Bericht endet. Die erforderlichen Umweltschutzmaßnahmen werden uns in der Projekt-Bewilligung auferlegt...

FURCHE: Liegen dann endgültig alle Unterlagen auf dem Tisch, von denen Bürgermeister Helmut Zilk gemeint hat, daß sie vorliegen müßten, bevor es eine Volksbefragung gibt?

TENGG: Nach unserem Selbstverständnis schon. Es ist ja auch mit uns gemeinsam der Volksbefragungstermin besprochen worden. Wenn alle Bescheide rechtzeitig vorliegen, könnte man im Juni 1989 die Volksbefragung durchführen. Frühestens Ende

1990 wäre dann ein Baubeginn möglich.

FURCHE: Welche -Vorteile bringt der Modus des bevorzugten Wasserbaues?

TENGG: Da gibt es einige Aspekte. Der eine wäre, daß beim bevorzugten Wasserbau mündliche Verhandlungen mit Betroffenen nicht abgehalten werden müssen. Aber seit Ende des Zweiten Weltkrieges ist das in Österreich noch nicht angewendet worden. Weiters gilt eingeschränkte Parteienstellung, was die Einwendungsmöglichkeiten betrifft. Wenn bevorzugter Wasserbau eingeräumt wird, können zwar die betroffenen Parteien Stellung nehmen, aber sie können ein Projekt prinzipiell nicht mehr in Frage stellen. Wenn wir nun beim Kraftwerk Freudenau den bevorzugten Wasserbau nicht bewilligt bekommen, dann muß jedes Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sein, bevor mit dem Bau angefangen werden kann. Bis hin zum letzten Anrainer.

Bis jetzt hat es sich gespießt, weil die Landesregierungen von Niederösterreich und Wien Kriterien in die Zuerkennung des bevorzugten Wasserbaues hineingebracht haben, die es bis jetzt dort nicht gegeben hat. Das war konkret die Frage der Auswirkung auf das Grundwasser und die Folgen für die Landwirtschaft. Solche Fragen werden an sich nicht im Zuge eines Bevorzugungsbescheides diskutiert.

Das Wasserrechtsgesetz sieht nämlich die Bevorzugungsmöglichkeit vor, wenn ein Projekt volks- und energiewirtschaftlich dringlich ist. Beim Anhörungsverfahren erschien zwar den Vertretern Niederösterreichs und Wiens die energiewirtschaftliche Zweckmäßigkeit gegeben, aber sie wollten auch die Auswirkung auf die Landwirtschaft geklärt wissen. Diese Frage ist inzwischen auch abgeklärt worden.

FURCHE: Gibt es Präzedenzfällefür die erfolgreiche Anfechtung eines solchen Bevorzugungsbescheides ?

TENGG: Bei den Kraftwerken Hainburg und Ebbs/Oberaudorf bei Kufstein wurden auch die Bevorzugungsbescheide der Obersten Wasserrechtsbehörde angefochten. In beiden Fällen hat aber der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich bestätigt, daß die beiden Kraftwerke energie- und volkswirtschaftlich dringlich sind. Die Begründung lautete: Für ein Land, das zwei Drittel seiner Gesamtenergie importiert und Strom aus importierter Kohle, importiertem öl und Gas erzeugt, ist es volks- und energiewirtschaftlich zweckmäßig und dringlich, heimische Laufkraftwerke zu errichten.

FURCHE: Das Landwirtschaftsministerium will ohnehin den bevorzugten Wasserbau abschaffen ...

TENGG: Ich habe wirklich kein Verständnis dafür, daß jetzt plötzlich politische Hürden aufgebaut werden. Schon gar nicht dafür, daß zu einem Zeitpunkt, wo ein Projekt läuft, partout der bevorzugte Wasserbau abgeschafft werden soll. Das ist einfach nicht im Sinn dieser rechtlichen Konstruktion, die bewußt geschaffen wurde, um Gemeinschaftsprojekte möglich zu machen.

Mit dem Vorstandsdirektor der Donaukraft, Hansjörg Tengg, sprach Elfi Thiemer.

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