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Digital In Arbeit

Für wertorientiertes Handeln im Zeitgespräch

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Auszug aus einem Vortrag zum 15. Geburtstag der Katholischen Medienakademie: Grundsätzliches zum Journalismus.

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Auszug aus einem Vortrag zum 15. Geburtstag der Katholischen Medienakademie: Grundsätzliches zum Journalismus.

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Den gläubigen Publizisten stützt die Gesellschaft nicht -sie fordert ihn heraus, sich als Stütze anzubieten. Eine katholische Medienakademie, die bilden will, muß sich dem Ziel verpflichtet wissen, daß Persönlichkeiten die Anleitung vermittelt bekommen, ihr Christsein in personaler Verantwortung und Wahrhaftigkeit in ihrem kommunikativen Wirken zu entfalten.

Der dem Christen heute abverlangte Wirklichkeitssinn und ein realistisches Weltverständnis sind Voraussetzungen für sein offenes und wertorientiertes Handeln im Zeitgespräch, im medialen Dialog. Bückzüge in eigene Minoritätsgefühle, Hilflosigkeiten gegenüber dieser Welt, oder in Anpassungen, werden sicherlich nicht honoriert.

An die Aussage des verstorbenen deutschen Medienbischofs Georg Moser ist zu erinnern. Sie lautet: „Die Verantwortung des Christen in der publizistischen Arbeit setzt nicht erst in der Glaubensverkündigung ein, sondern schon früher, gleichsam im vorchristlichen Baum, wo es darum geht, in unserer pluralistischen Gesellschaft Verständnis für die Auffassung anderer Menschen zu wecken ... Darin unterscheidet sich die journalistische Arbeit eines Christen von der eines nichtchristlichen Kollegen in der Sache nicht, wohl aber in der Motivation.” j

Das Besondere scheint mir die Erziehung - ich riskiere dieses Wort -zu einem aktiven, standpunktbewußten Dialog zu sein, einem Dialog, der vom abgebrauchten Schlagoder Modewort zu einem professionellen Lebensverhalten werden soll. Demnach sind die Zeitlagen je vom anderen her zu begreifen und das eigene zum anderen hinzuordnen.

Keine Wertneutralität

In seiner Freiheit und in seiner Verantwortung muß der katholische Journalist auch ein klares Verhältnis zur um sich greifenden Wertneutralität, ja zu den Wertverlusten unserer Zeit haben. „Was aber, wenn der Verfall der Sitten / die Sitte selbst wird, / und der Mißbrauch / des Gesetzes / Gesetz?” - So fragte die Dichterin Ilona BoddenlDas ist nicht Pessimismus oder gar Lebensfeindlichkeit - es kommt damit eine realistische Sorge zum Ausdruck. Selbst ein Hans Magnus Enzensberger spricht in seinem letzten Buch „Aussichten auf den Bürgerkrieg” deutlich „vom Verlust generell akzeptierter Werte” und rechnet mit jenen Medien ab, die „aus kommerziellen

Gründen” forcierte Darstellung der Gewalt und der Unehrlichkeit, „mit der Menschenrechte” (zum Beispiel Freiheit!!) zugleich verteidigt und mit Füßen getreten werden.”

Journalistische Bildung muß darauf Bezug nehmen, daß einem expandierenden Wissenszuwachs heute schrumpfende Wertvorstellungen gegenüberstehen. Solches, um mit Viktor Frankl zu sprechen, gibt den Menschen weder Orientierung noch Sinn, sondern den Best.

Und doch: die Welt sucht nach der befreienden Botschaft, sie erwartet das lösende und erlösende Wort. Büsten wir in unseren Bildungsprozessen Meinungsbilder, Kommunikatoren mit der Widerstandsmacht des Geistes aus, vermitteln wir ihnen Zuversicht und Mut, daß sie die Sprache, den „Geistleib” des Menschen - wie Wilhelm von Humboldt sie nannte - in Ordnung halten können und werden: aus Liebe zum Fortschritt, aus Liebe zum Menschen, aus Liebe zur Wahrheit.

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