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Gefährliche Schuldenlast

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Rund 400 Repräsentanten aus Kirche und Wirtschaft diskutierten im Vatikan über ihre Verantwortung für die Zukunft der Weltwirtschaft. Wie kann der Dritten Welt geholfen werden? war ein Thema.

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Rund 400 Repräsentanten aus Kirche und Wirtschaft diskutierten im Vatikan über ihre Verantwortung für die Zukunft der Weltwirtschaft. Wie kann der Dritten Welt geholfen werden? war ein Thema.

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In der Arbeitsgruppe, die sich mit der symptomatischen Verschuldungskrise der Dritten Welt befaßte, die unter der Leitung des Generaldirektors der Österreichischen Girozentrale, Karl Pale, stand, zeichneten sich wie in einigen grundlegenden Referaten einige Erkenntnisse ab, die für die derzeitige Phase des internationalen Lernprozesses charakteristisch sind.

Die hohe Staatsverschuldung einiger für die Weltwirtschaft bedeutender Entwicklungsländer ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Kumulierung wirtschaftspolitischer Fehlverhalten vieler Beteiligter eine Reihe überaus gefährlicher Teufelskreise in der gesamten Weltwirtschaft ausgelöst hat, die nur durch ein bisher nie erreichtes Ausmaß an internationaler Kooperation wieder korrigiert werden können.

Seit der explosionsartigen Zunahme der Staatsverschuldung vieler Entwicklungsländer ist ein rascher Lernprozeß in Gang gekommen, der alle Beteiligten zwingt, bisherige Vorstellungen über eine wirksame Entwicklungspolitik zu überprüfen, um neue, mehr Erfolg versprechende Erfahrungen näher zu studieren. Wem geholfen werden soll, das sind Gruppen bedürftiger Menschen, nicht aber abstrakten Ländern oder Staaten.

Zu den entscheidendsten Erfahrungen gehört die sehr eindrucksvolle Bestätigung des stets zuverlässigen Prinzips der Subsidiarität als dem grundlegenden Anliegen auch für die wirtschaftliche Entwicklung: Die auffallend raschen Fortschritte der marktwirtschaftlich organisierten Entwicklungsländer zeigen, daß damit eine erfolgreichere Nutzung der Landesressourcen, wirkungsvollere Leistungsanreize und ein günstigeres Investitionsklima verbunden sind. Diese Länder sind in erster Linie selbst für eine solche Wirtschaftsordnung verantwortlich.

Manche Länder mit einem sehr niederen Pro-Kopf-Einkommen verfügen über Reichtumsquellen, die nur infolge eines inadäquaten Wirtschaftssystems nicht nutzbar gemacht werden können. Die Vergeudung von Ressourcen in ineffizienten Ordnungen könnte auch durch noch so reichliche Entwicklungshilfe nicht wettgemacht werden. Der wettbewerbsgesteuerte Markt zählt zu den bewährtesten Anwendungsbereichen des Subsidiaritätsprinzips. Die beste Entwicklungshilfe für ein Land — das sich nur selbst dafür entscheiden kann - bietet das System der Sozialen Marktwirtschaft. Das ist das Wirtschaftssystem, das unter den heute angebotenen der katholischen Soziallehre am nächsten steht. Die laufenden Prüfungen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Bindung seiner Zahlungs-büanzhilfen an die Einhaltung vereinbarter Maßnahmen (Kon-ditionalität) geben dazu eine sehr wirksame Hilfe.

Zu den bedauerlichsten Fehlschlüssen zählt heute die Beurteilung dieser Instrumente unter sozialethischen Gesichtspunkten. Uber konkrete Auflagen des IWF kann man im Einzelfall sicherlich unterschiedlicher Meinung sein. Die Konditionalität als solche ist aber heute die greifbarste und wiederholt bewährte Hoffnung auf eine Uberwindung der derzeitigen Krise und in der Folge dann auf eine Vermeidung ähnlicher Situationen in der Zukunft.

Hohe Inflationsraten beweisen, daß die Grenzen dessen, was einzelne Entwicklungsländer innerhalb ihres derzeitigen Systems der Koordinierung ihrer Unternehmungen und Haushalte leisten können, erreicht sind. Kluge Landespolitiker bedienen sich bewußt dieser Hüfe des IWF. Seine Konditionalität ist der Schlüsselpunkt für eine erfolgreiche Zusammenarbeit aller offiziellen Institutionen (IWF, Weltbankgruppe, regionale Entwicklungsbanken, privates Bankensystem) und ist der wichtigste Ausgangspunkt für eine neue Weltwirtschaftsordnung, die von effizienten Wirtschaftsordnungen in den einzelnen Staaten ihren konsequenten Ausgang finden muß.

Der Autor ist Finanzminister a.D. und Präsident a. D. der Osterreichischen Nationalbank.

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